Geschenke:Nach Weihnachten wird eingelöst, nicht mehr umgetauscht

Gutscheine sind beliebtestes Weihnachtsgeschenk

Gutscheine sind persönlicher als Geld und lassen dem Beschenkten viele Möglichkeiten, für was er das Geschenk ausgeben will.

(Foto: Malte Christians/dpa)

Gutscheine haben sich zum Renner unterm Weihnachtsbaum entwickelt. Warum? Eine Antwortsuche in der Münchner Innenstadt.

Von Anne Kathrin Koophamel

Als Carola Puchner und Julian Rose ihre Geschenke unterm Christbaum auspackten, mussten sie erst mal lachen: Die beiden Studenten hatten sich heuer gegenseitig einen Gutschein geschenkt. "Ja, erwischt, aber wir haben uns sehr darüber gefreut", sagt Student Rose jetzt nach den Feiertagen. Er bekam drei Nächte in einem Strandhotel in Vietnam, seine Freundin Carola einen Tag in einem Escape Room; einer Art Real-Life-Spiel, in dem die Mitspieler durch das Lösen von Rätseln und Teamwork aus einem abgeschlossenen Raum befreit werden müssen.

Dinge also, die sich nicht als "Hardware" unter den Weihnachtsbaum legen lassen. "Ich finde es einfach schön, Zeit zu schenken und das geht am besten mit einem Gutschein" sagt Rose. Seine Freundin Carola hat den Voucher für das Hotel liebevoll selbst gebastelt. "Ich habe mir Mühe gegeben und es hat sich angeboten, da wir im Februar sowieso drei Wochen nach Vietnam auf Rundreise gehen. Und am Ende gibt es jetzt eben noch drei Tage Strand von mir."

So wie dem Studenten-Pärchen geht es immer mehr Menschen in Bayern, stellt der hiesige Einzelhandelsverband fest. "Der Gutschein boomt", sagt Verbandssprecher Bernd Ohlmann, "der Gutschein hat im Laufe der vergangenen Jahre im Einzelhandel immer mehr an Bedeutung gewonnen, jetzt im Weihnachtsgeschäft verkaufte er sich aber ganz besonders gut. Er ist einfach der Problemlöser schlechthin, für alle die sich nicht sicher sind, was sie schenken sollen. Und ein Gutschein ist persönlicher als ein Geldgeschenk."

Besonders für ältere Leute, für Großeltern oder auch wenn man entfernten Bekannten - oder der neuen Freundin des Sohns - etwas schenken möchte, ist der Gutschein laut Ohlmann die "Allzweckwaffe schlechthin". Der Einzelhandelsverband Bayern schätzt, das inzwischen ein Viertel aller Weihnachtsgeschenke in Form von Gutscheinen unter dem Christbaum landet.

Einzige Ausnahme: "Bei Spielzeug für Kinder funktioniert das nicht so gut. Da schenkt man eben doch lieber die Ritterburg oder Barbie, damit noch am Heiligen Abend direkt mit den Geschenken gespielt werden kann", sagt Ohlmann. Ein positiver Nebeneffekt für die Händler: "Die Umtauschquote geht von Jahr zu Jahr zurück und die Stadt ist auch nach den Feiertagen rappelvoll, da viele gleich ihre Gutscheine einlösen wollen."

Viele Fachhändler bieten schon Chipkarten an, auf die das Geld virtuell geladen wird. Andere schreiben den Wert noch klassisch auf ein Papier; der Stempel der Firma bestätigt dann die Echtheit des Gutscheins. Und die wenigstens werden bis zum Sommer aufbewahrt, meint Ohlmann - ganz im Gegenteil! Er vermutet, dass es etwa bis zum Dreikönigstag in Münchens Fußgängerzone voll bleiben wird. "Die intensivste Zeit zum Einlösen von Gutscheinen ist in den zwei Wochen nach Weihnachten. Obwohl Gutscheine bis zu drei Jahren gültig sind, möchte man trotzdem seinen Wunsch möglichst bald erfüllt haben."

Sich ihren Weihnachtswunsch erfüllen, das will am ersten Tag nach Weihnachten auch Lea Baumgärtel. Mit ihrer Mutter ist sie auf den Weg zu Calvin Klein. "Mein Vater hat mir einen Gutschein über 60 Euro geschenkt, dafür kaufe ich mir jetzt Unterwäsche", sagt sie. "Ich hatte mir das gewünscht und mich wirklich darüber gefreut." Kaum erwarten kann ihr Geschenk auch die achtjährige Louisa. Ihr hat das Christkind in diesem Jahr etwas ganz Besonderes gebracht: "Ohrlöcher!", freut sich die Schülerin, die mit ihrem Vater Moritz in der Innenstadt unterwegs ist.

Klar, die Ohrlöcher konnten nicht sofort am Heiligen Abend eingelöst werden, aber in den nächsten Tagen soll es so weit sein. Welcher Stecker dann in ihren Ohren sein soll, weiß Louisa von Laffert noch nicht so genau. "Ein Stern vielleicht. Es soll glitzern", sagt sie und ihre Augen zeigen, wie sehr das Christkind mit seinem Gutschein richtig lag.

"Mit einem Gutschein kann ich nichts falsch machen"

Egal also, ob beim kleinen Juwelier ums Eck, ob bei großen Modeketten oder in Münchens Traditionshäusern: Gutscheine werden in diesen Tagen überall an den Kassen gezückt. Konjunktur hat das Geschenk auch im Schreibwarenhandel Kautbullinger am Marienplatz. Im Erdgeschoss, wo es Füller, Ledermappen und Kalender gibt, würden besonders viele Gutscheine eingelöst, sagt Yasin Bozan. Er hat in der Adventszeit zahlreiche hauseigene Chipkarten in bayerischem Weiß-Blau für Schenkende aufgeladen. "Die meisten kaufen einen Gutschein im Wert von 50, 75 oder 100 Euro", sagt der stellvertretende Abteilungsleiter.

Was er immer wieder von Kunden höre: "Wissen Sie, mit einem Gutschein kann ich nichts falsch machen." Am ersten Tag nach Weihnachten sei es noch ruhig, aber die Beschenkten erwartet er in den nächsten Tagen. Er schätzt, dass das Geschäft bis Mitte Januar kräftig anzieht. Wer einen Gutschein hat, kann zwar auch nur einen Teil des Wertes ausgeben, die meisten seien aber nicht knausrig, sagt Bozan. "Viele Kunden kaufen über Wert, legen noch mal 30 Euro drauf, um sich ein noch schöneres Schreibgerät zu leisten. Das schmerzt sie dann auch nicht."

Waren es in der vergangenen Jahren vor allem die großen Online-Shops, die mit Gutscheinen lockten - und punkteten -, so ist der Voucher inzwischen besonders in den kleineren Geschäften angekommen. Und wird gerne gekauft. "Die kleinen Händler können durch Individualität auf sich aufmerksam machen ", sagt Einzelhandelsverbands-Sprecher Ohlmann. "Wer einen Voucher von einem Laden schenkt, in den der Beschenkte öfters einkauft, zeigt, dass er sich Gedanken gemacht hat. Bei mir bietet sogar der Schneider ums Eck Gutscheine an."

Auch aus dem Buchhandel ist der Gutschein nicht mehr wegzudenken. Denn wer weiß schon, ob die Enkelin noch gerne Krimis liest oder der Neffe das neue Buch von seinem Lieblingsschriftsteller nicht schon bekommen hat. "Gutscheine werden vor Weihnachten mehr gekauft als sonst. Pro Tag haben wir fünf bis sechs Stück ausgestellt", sagt Jakob Rauch von Bücher Lentner. Dabei seien die meisten der Gutscheine genau kalkuliert. "Viele Kunden kaufen zwischen 20 und 50 Euro, also für ein oder zwei Bücher", sagt Rauch. Ihm ist aufgefallen, dass besonders ältere Frauen Gutscheine nutzen. "Sie wissen oft nicht mehr, was die Kinder wirklich möchten, sie sind auch nicht mehr so nah daran. Und bevor sie etwas Falsches schenken oder es umgetauscht werden muss, ist ein Gutschein doch perfekt."

So sieht es auch Daniela Grashei. Die Steuerberaterin und ihre Kollegen bekamen von ihrem Chef alle einen Gutschein - die einen für Douglas, die anderen für Hugendubel, sie selbst für Kaufhof. "Das hat mich gefreut, weil ich mir genau das aussuchen kann, was ich möchte", sagt Grashei. Über 35 Euro ist der Voucher ausgestellt. "Ich wollte mal in der Abteilung für Handtaschen gucken, aber da werde ich noch etwas drauflegen müssen. Oder bei Parfüm. Chanel wäre schön", sagt sie.

Rasch einlösen will auch Eric Bernecker seinen Gutschein. Den bekam er von Schwester und Schwager zu Weihnachten. "Ich ziehe am 1. Januar in meine neue Wohnung in Dachau. Der Gutschein für XXXL Lutz hat mich riesig gefreut. Für die 150 Euro gibt es jetzt entweder ein neues Sofa oder einen neuen Schrank. Was besseres als einen Gutschein kann es in meinem Fall gar nicht geben."

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