Wegen Überfalls:Führungsfigur der Neonazis vor Gericht

Alexander Maetzing soll am geplanten Bombenanschlag auf das jüdische Zentrum beteiligt gewesen sein.

Von Alexander Krug

Einer der mutmaßlich am geplanten Bombenanschlag auf die Baustelle des jüdischen Gemeindezentrums am St.-Jakobs-Platz beteiligten Neonazis steht seit Freitag in anderer Sache vor dem Münchner Amtsgericht. Alexander Maetzing, 27, ist angeklagt wegen gefährlicher Körperverletzung.

Gemeinsam mit dem Mitangeklagten Maik P., 34, soll er einen Aussteiger aus der rechten Szene zusammengeschlagen und -getreten haben. Maetzing gilt als die inoffizielle Nummer zwei hinter dem Anführer der rechtsextremen "Kameradschaft Süd", Martin Wiese. Die Neonazi-Gruppierung mit rund 25 Mitgliedern gilt als die gefährlichste und gewalttätigste in Bayern.

Untersuchungshaft

Maetzing und der Mitangeklagte sitzen seit dem 19. Juli vergangenen Jahres in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, an jenem Tag den 24-jährigen Markus S. in der Johann- Schmid-Straße mit Faustschlägen und Fußtritten zusammengeschlagen zu haben.

Maetzing soll dabei mit Stahlkappen verstärkte Springerstiefel getragen haben. Das Opfer erlitt dabei schwere Kopfverletzungen, insbesondere einen doppelten Unterkieferbruch. "Ich habe seitdem kein Gefühl mehr darin", sagt Markus S., der mit bleibenden Schäden rechnet.

Nach eigener Darstellung war Markus S. zehn Jahre lang in der "rechten Szene", bevor er sich vor rund eineinhalb Jahren zum Ausstieg entschloss. "Ich hatte keinen Bock mehr auf Prügeleien und Raufereien am Wochenende." Nach seiner Distanzierung sei er mehrmals "dumm angeredet", aber nicht bedroht worden. Dies habe sich nach dem Überfall im Juli geändert. "Nach der Tat wurden Bekannte von mir angerufen. Sie sollten mir ausrichten, dass ich den Mund halten soll."

Keine Erinnerung

An den genauen Ablauf der Attacke kann sich Markus S. nicht mehr erinnern. Er wisse nur noch, dass es "mindestens zwei Männer" waren, die auf ihn eintraten. "Es hat sich angefühlt wie ein ganzes Rollkommando." Präzise zuordnen kann er die Schläge und Tritte keinem der beiden Angeklagten.

Nach der Version von Alexander Maetzing und Maik P. handelt es sich nicht um eine Attacke auf einen Abtrünnigen, sondern allein um eine zufällige Begegnung.

Mit dem Ausstieg Markus S.' aus der rechten Szene habe die ganze Geschichte nichts zu tun, beteuern sie unisono. Nach ihrer Darstellung hatte man sich an jenem Tag zufällig auf einem Sommerfest im "Hopfenlandstüberl" getroffen.

Markus S. habe man an diesem Abend "zum ersten Mal" gesehen, ihnen sei nicht einmal bekannt gewesen, dass er früher in der rechten Szene gewesen sei. Der 24-Jährige habe an dem Abend die Freundin von Maik P. belästigt und deshalb sei die Stimmung wohl ein wenig aufgeheizt gewesen.

Eine Beleidigung

Auf dem Heimweg sei ihnen Markus S. entgegen gekommen und habe sie beleidigt. "Er sagte Kinderficker zu mir, und da hab' ich zugeschlagen", meint Maik P. Mehr als "zwei oder drei" Schläge mit der Faust seien es aber bestimmt nicht gewesen. Alexander Maetzing will nur unbeteiligter Zuschauer gewesen sein. Er habe "nicht einen einzigen Schlag oder Tritt" ausgeführt, beteuert er.

Warum Zeugen etwas ganz anderes sagen, fragt ihn die Richterin. "Das weiß ich auch nicht", erwidert er lakonisch.

Der Prozess gegen die beiden Angeklagten soll am Montag fortgesetzt werden. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens arbeitet die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe derzeit an einer weiteren Anklage gegen Maetzing wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Dabei geht es um den geplanten Bombenanschlag auf das jüdische Zentrum in München.

TNT

Am 9. September vergangenen Jahres wurden bei Mitgliedern der Rechtsradikalen-Szene in München etwa zwölf Kilogramm Sprengstoff und 1,7 Kilogramm hochexplosives TNT entdeckt. Das TNT soll Maetzing in einer Sporttasche in einer Schreinerei gebunkert haben. Der aus Luckenwalde in Brandenburg stammende Maetzing wohnte damals in einer Wohngemeinschaft mit dem in Anklam in Mecklenburg-Vorpommern geborenen Martin Wiese in der Landsberger Straße.

Wiese gilt bei den Ermittlern als zentrale Figur. Der 27-Jährige hatte den Sprengstoff offenbar von Sympathisanten aus Ostdeutschland bezogen. Zwei 24- und 25-jährige Männer hatten den Sprengstoff aus alten Panzerfaustgranaten von einem aufgelassenen Militärübungsplatz gesammelt und per Mittelsmänner nach München geschickt.

Explosives Gemisch

Über die Verwendung des explosiven Gemischs sollen sie angeblich nichts gewusst haben. Das Landgericht Neuruppin hat die beiden Männer erst vor wenigen Tagen zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Im Komplex um den geplanten Anschlag ermittelt die Generalbundesanwaltschaft derzeit gegen insgesamt 14 Beschuldigte, fünf von ihnen sitzen in Haft. Nach Angaben einer Sprecherin soll die Anklage bis Ostern fertig gestellt sein.

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