Wechsel:Auf zu neuen Aufgaben

Elisabeth Tworek, Chefin der Monacensia mit dem Buch 'Mr. Noon' von D.H. Lawrence

Elisabeth Tworek, Chefin des Literaturarchiv

(Foto: Florian Peljak)

Elisabeth Tworek gibt die Leitung der Monacensia auf und wechselt zum Bezirk Oberbayern

Von Sabine Reithmaier, Kassian Stroh

Die Stadt München verliert die Leiterin ihres Literaturarchivs Monacensia. Elisabeth Tworek wird nach Informationen der Süddeutschen Zeitung im kommenden Jahr in die Verwaltung des Bezirks Oberbayern wechseln und dort die Kulturabteilung übernehmen. Diese wird neu und stärker als bisher auf den Kulturbereich zugeschnitten, das zweite Standbein der Arbeit des Bezirks neben der Sozialhilfe. Dafür suchte er eine neue Abteilungsleitung mit einem spezifisch kulturellen und kulturgeschichtlichen Hintergrund. Tworek wie auch der Bezirk Oberbayern wollten die Entscheidung am Freitag nicht kommentieren.

Die Monacensia wird der Verlust hart treffen. Schließlich leitet die promovierte Literaturwissenschaftlerin, die zahlreiche Bücher geschrieben hat, das Literaturarchiv seit 1994 und hat es in diesen Jahren geschafft, das "literarische Gedächtnis der Stadt München" im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Erst vor einem Jahr hat das Domizil der Monacensia, das 1894 errichtete einstige Wohn- und Ateliergebäude des Bildhauers Adolf von Hildebrand, wiedereröffnet. Tworek zeigte sich glücklich, dass die 300 Nachlässe und 150 000 Bände, die die Künstlervilla birgt, die dreijährige Sanierung überstanden hatten und dass der Platz für die öffentliche Nutzung von 83 auf 783 Quadratmeter gesteigert worden war. Endlich war aus der Monacensia der moderne Ort der Wissenschaft und Literaturvermittlung geworden, für den sie sich so lange so vehement eingesetzt hatte. Bis dahin war die Öffnung, um die sie sich in all den Jahren mit ungezählten Ausstellungen und Veranstaltungen bemüht hatte, immer nur mit Notlösungen möglich gewesen.

Doch es passt zu Tworek, dass sie, nachdem sie ihre Ziele erreicht hat, nach neuen Aufgaben sucht. Auch in Murnau, wo sie 1955 geboren wurde, kümmerte sie sich noch als Gymnasiallehrerin energisch um die Anerkennung des Schriftstellers Ödön von Horváth, den man hier lang als Nestbeschmutzer abstempelte. 1988 initiierte sie die erste Horváth-Woche und konzipierte später die Horváth-Dauerausstellung im Schlossmuseum. In Murnau ist sie aber immer noch als Kommunalpolitikerin aktiv, sitzt als Parteifreie für die SPD im Gemeinderat.

Dass sie Lust auf Veränderung verspürt, wurde schon 2009 deutlich, als sich Tworek um die Leitung des Stadtmuseums beworben hatte, dort aber in der Schlussrunde Isabella Fehle unterlag. Damals galt es, einen Nachfolger des in Ruhestand gegangenen Stadtmuseums-Direktors Wolfgang Till zu finden.

Ähnlich ist es jetzt im Bezirk: Die Leitung der Kulturabteilung des Bezirks wird zum 1. April frei, dann geht der bisherige Chef in Ruhestand. Als Nachfolger wurde kein Verwaltungsmann oder Jurist gesucht, sondern eine Person mit mehrjähriger Führungserfahrung, die Kulturwissenschaften, Geschichte oder bayerische Landesgeschichte studiert hat, wie es in der Stellenausschreibung hieß. Es habe knapp 100 Bewerbungen gegeben, ist zu hören. Am Mittwoch hat sich der zuständige Personalausschuss des Bezirkstags dann für Tworek entschieden. Aus ihrer künftigen Abteilung wird die Bauverwaltung ausgegliedert, sodass sie sich nun rein auf die Kulturarbeit des Bezirks konzentriert kann.

Der Bezirk ist vor allem im sozialen und medizinischen Bereich tätig, zum Beispiel als Träger der Eingliederungshilfe für Behinderte oder diverser Kliniken für psychisch oder suchtkranke Menschen. Finanziell weit weniger bedeutend, durchaus aber für sein Selbstbild ist seine Tätigkeit im Bereich der Kultur und Heimatpflege. Der Bezirk trägt oder ist beteiligt an diversen Museen wie etwa dem Freilichtmuseum Glentleiten, dem Bauernhausmuseum Amerang oder dem Römer-Kelten-Museum in Manching, um nur drei zu nennen. Er finanziert das Europäische Künstlerhaus Oberbayern im Freisinger Schafhof und eine Fachberatung Heimatpflege mit dem Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler an der Spitze. Diese sitzt im Kloster Benediktbeuern, genauso wie das Trachten-Informationszentrum - ein vielfältiges Aufgabengebiet.

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