Urlaub:Was Touristen von München erwarten

Arabische Sommergäste in Garmisch-Partenkirchen

Gäste aus den arabischen Golfstaaten wollen oft die Natur in und um München sehen, etwa den Eibsee oder die Zugspitze.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Bayerische Wirtshäuser, schicke Autos und bloß keine Nackten im Englischen Garten: Die Besucher aus den verschiedenen Ländern haben oft ganz eigene Vorlieben.

Von Pia Ratzesberger

Wenn Touristen nach München reisen und das Deutsche suchen, enttäuscht die Stadt sie selten. Denn München bietet ihnen, was gerade in den USA oder auch China als deutsch gilt. Tracht, Bier, Schweinsbraten. Die Klassiker wollen natürlich alle Besucher sehen: den Marienplatz, das Glockenspiel. Doch von Region zu Region gibt es auch Unterschiede. Die bemerkt man im Tourismusamt, die registrieren die Gästeführer. Denn die einen Reisenden meiden den Englischen Garten, die anderen das bayerische Wirtshaus - jedenfalls nach dem ersten Besuch.

USA

Viele Amerikaner sind genau wie andere Touristen, die innerhalb kurzer Zeit am liebsten ganz Europa sehen würden, in München nur auf der Durchreise. Bevor sie weiter fahren nach Wien und Budapest, nach Zürich oder Prag, stoppen sie in der Landeshauptstadt. Manche haben Vorfahren in Deutschland, andere waren nach dem Zweiten Weltkrieg in Bayern stationiert und reisen nun mit Kindern und Enkelkindern. "99 Prozent meiner amerikanischen Gäste sind Weiße", sagt Peter Neissendorfer, seine erste Führung bot er 1975 an. Im Vergleich zu damals seien die Touristen heute stärker an der Geschichte des Nationalsozialismus interessiert, wollen zur Gedenkstätte nach Dachau fahren.

Im Luther-Jahr kämen nun auch viele Gäste aus dem sogenannten Bibel Belt im Süden der USA, besuchen Wittenberg und dann auch München, wenn sie schon einmal da sind. "German Food" muss sein, deutsches Essen heißt für sie sowieso nur bayerisches Essen, oft im Hofbräuhaus. Es gebe ja auch keinen anderen Ort, wo bayerische Musik gespielt werde und große Reisegruppen Platz fänden, sagt Neissendorfer.

Einkaufen wollen seine Gäste heute nicht mehr so viel, Mode ist in den USA viel billiger. Auch Museen interessieren sie nicht besonders. Die Allianz Arena und der FC Bayern ohnehin nicht, Fußball ist in den USA kein Sport, der die Massen ins Stadion zieht. Ein anderes starkes Münchner Unternehmen aber wollen sie alle sehen: BMW und seinen Tempel, die BMW Welt.

China

Geht man den Thomas-Wimmer-Ring entlang, parken kurz vor dem Isartor stets die Reisebusse. An manchen Tagen wartet dort Fenghua Hoffmann-Wu. Chinesische Touristen führt sie schon mehr als zehn Jahre durch die Stadt. Die wollen natürlich die Postkartenmotive sehen, also den Marienplatz, das Tal, die Residenz und das Schloss Nymphenburg. Auch Schweinsbraten probieren sie, nach einer deftigen Mahlzeit aber haben die Reisenden oft schon genug von der bayerischen Küche, "danach sind die total fertig und fragen nach chinesischen Lokalen", sagt Hoffmann-Wu.

Vom europäisierten chinesischen Essen wiederum sind die Touristen meist enttäuscht. Die Reisenden vergleichen viel mit China, wollen wissen, wie viel ein Münchner im Durchschnitt verdient und wie viel Miete er zahlt. Auch wie die Krankenversicherung oder die Arbeitslosenversicherung in Deutschland funktioniert. Sie interessierten sich für das moderne Leben, "ich darf ihnen da nicht nur mit bayerischer Geschichte kommen", sagt Hoffmann-Wu. Sonst unterbrechen sie eben.

Italien

Während der Wiesn haben sie sogar ihr eigenes Wochenende, nach der zweiten Woche fahren besonders viele Busse über den Brenner zum "festa della birra". Aus keinem anderen Land kommen so viele Gäste zum Oktoberfest wie aus Italien. Die Reisenden besuchen die Stadt gerne gezielt: zur Wiesn, zum Weihnachtsmarkt, zu Silvester. Die BMW Welt, das Deutsche Museum oder der Olympiapark stehen dann auf dem Programm, aber immer auch die aktuelle Politik.

Wenn Gästeführerin Stefania Gavazza-Zuber am Marienplatz steht, fragen die Touristen vor allem nach den Unterkünften für Flüchtlinge, wie das mit den Sprachkursen funktioniere und der Arbeitserlaubnis. Auch sie wollen die Bilder sehen, die sie sich erwarten, die Festzelte und die Bratwurstbuden. Aber nicht nur die.

Golfstaaten

Ab und an klingelt bei Eid Hafez das Telefon und die Gäste sind recht aufgebracht. "Hinter uns liegen lauter Nackte", schreien sie dann, "bringen Sie uns sofort woanders hin". Von ihrem Hotelfenster aus sehen sie in den Englischen Garten - ein gefährliches Areal, das weiß Hafez. Er geht mit seinen Gästen aus den Golfstaaten dort nur spazieren, wenn am Himmel Wolken hängen und das Risiko nicht so hoch ist, auf ein paar Nackerte zu treffen.

Er arbeitet seit 29 Jahren als Gästeführer, fährt mit Gruppen zum Starnberger See und zum Tegernsee. Die Touristen aus den Golfstaaten wollen vor allem in die Natur. Sie schätzten an München und dem Umland "die Schönheit, die Sauberkeit und die Sicherheit" und natürlich auch den Schnee.

Hoch auf die Zugspitze, das ist bei Hafez einer der beliebtesten Ausflüge. "Viele glauben gerade im Sommer nicht, dass das Weiße wirklich Schnee ist". An Museen dagegen seien die Gruppen oft weniger interessiert, am Schweinsbraten sowieso nicht. Eid Hafez empfiehlt ihnen dann meist den Rinderbraten. Mit Soße.

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