Ausstand in München:Trambahnfahrer beenden Streik

Ausstand in München: Fahrgastinformation am Sendlinger Tor. Die MVG streikt - ein bisschen zumindest.

Fahrgastinformation am Sendlinger Tor. Die MVG streikt - ein bisschen zumindest.

(Foto: Robert Haas)

Die MVG hat gestreikt - ein bisschen zumindest. Bei den Straßenbahnen in München ging am Morgen fast nichts, die Kontrolleure sind noch im Ausstand. Am Donnerstag rufen die Gewerkschaften in Nürnberg und Augsburg zu ganztägigen Aktionen auf.

Von Anna Fischhaber, Ingrid Fuchs und Verena Wolff

An der Straßenbahnstation am Rosenheimer Platz herrscht am Morgen vor allem eins: Ratlosigkeit. Die Anzeigetafel zeigt an, dass die nächste Tram erst in 50 Minuten fährt, darunter läuft ein Hinweis durch: "Achtung heute Warnstreik". Dennoch warten etwa zwanzig Menschen hier. "Ich verstehe das nicht, Busse und U-Bahnen fahren doch auch normal", sagt eine Frau. "Auf der MVG-Homepage hieß es, es gibt Ersatzbusse. Aber bislang ist keiner gekommen", sagt eine andere.

Die Frau ist genervt. Genervt, dass die Information falsch war. Und genervt, dass die Trambahnfahrer an diesem Mittwochmorgen in München in den Ausstand getreten sind. "In anderen Jobs verdient man auch nicht besser", sagt sie. Doch sie hat Glück: Zufällig kommt eine Bekannte mit dem Auto vorbei. Eine andere Wartende hat schließlich genug: "Ich gehe nochmal nach Hause, das bringt ja hier nichts." Entlang der Schienen laufen viele, auch auf den Straßen ist mehr los als sonst. Selbst an den Radfahrer-Ampeln gibt es Stau. Verkehrschaos sieht trotzdem anders aus.

Am Knotenpunkt Münchner Freiheit herrscht am Morgen das übliche Gewusel. Dort, wo normalerweise die Tram 23 hält, um sechs Stationen Richtung Parkstadt Schwabing zu fahren, stranden einzelne Pendler. Ein älterer Herr steht einige Minuten lang auf einen Stock gestützt da. Dann weisen ihn Passanten darauf hin, dass seine Tramlinie nicht mehr kommen wird. Seine Alternative: die U-Bahn.

Drei Männer Ende 30 überlegen erst, ob sie sich ein Taxi teilen sollen, die U-Bahn bringt ihnen nichts. Kurzer Blick aufs Smartphone: "Ach kommt schon, wir laufen." Die meisten Reaktionen sind entspannt. "Spaziergang", sagt ein Mann schulterzuckend als er erfährt, dass die Tram nicht kommt.

Busse und Bahnen fahren planmäßig

Nachdem am Dienstag ein Ausstand in Nürnberg den Berufsverkehr zum Erliegen gebracht hatte, wurde an diesem Mittwochmorgen in München gestreikt. Ein bisschen zumindest. Die Straßenbahnen blieben im Depot, die Kontrolleure sollen den ganzen Tag die Arbeit niederlegen.

Betroffen waren nach Angaben der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) die meisten Linien der Trambahnen. Nur die 17, 18 und 19 fuhren, allerdings seltener. Da deutlich mehr Trambahnfahrer zum Dienst erschienen seien als erwartet, könne seit sieben Uhr auch die Linie 21 wieder bedient werden. Um 10.30 Uhr meldet die MVG, dass der Streik vorbei ist. Spätestens gegen Mittag soll nach jetzigem Stand der fahrplanmäßige Betrieb bei der Straßenbahn wieder hergestellt sein.

U-Bahnen und Busse sind von dem Warnstreik sowieso nicht betroffen und fahren ganztags uneingeschränkt. Auch die S-Bahn ist planmäßig unterwegs. Auf der Webseite und auf ihrer Facebook-Seite informiert die MVG über "streikbedingte Angebotseinschränkungen".

MVG warnt vor Schwarzfahren

Ausstand in München: Am Klinikum Harlaching wartet eine Frau vergeblich auf die Tram.

Am Klinikum Harlaching wartet eine Frau vergeblich auf die Tram.

(Foto: Robert Haas)

Die Gewerkschaft Verdi, die zu dem Ausstand aufgerufen hatte, teilte mit, dass hauptsächlich die Rangierer in der Trambahnwerkstatt an der Einsteinstraße streiken. Dort werden die Straßenbahnen auf ihren täglichen Einsatz vorbereitet. Am Morgen sieht man hier Gruppen von Tramfahrern, viele tragen gelbe Warnwesten. Plakate wurden aufgehängt. "Ohne uns kein Verkehr", heißt es auf einem. Straßenbahnen rücken hier nur vereinzelt aus. "Das war nur der erste Tag des Warnstreiks" sagt Hans-Jörg Tweraser, Ortsgruppen-Vorsitzender der Nahverkehrsgewerkschaft NahVG, "da werden noch ein paar folgen."

Auch die Kontrolleure streiken am Mittwoch in München, die MVG warnt aber davor, Busse und Bahnen ohne gültigen Fahrschein zu nutzen. "Wir setzen ja nicht nur Kontrollschaffner ein, die bei den Stadtwerken beschäftigt und von der aktuellen Tarifrunde betroffen sind, sondern in beträchtlichem Umfang auch Mitarbeiter der MVG und privater Dienstleister", sagt MVG-Chef Herbert König.

Zu dem Warnstreik aufgerufen hatten die Gewerkschaft Verdi und die Nahverkehrsgewerkschaft des Deutschen Beamtenbunds. Sie wollen damit ihre Forderungen nach mehr Lohn und besseren Arbeitsbedingungen durchsetzen. Die Arbeitnehmervertreter fordern eine Erhöhung der Löhne um 120 Euro plus eine weitere Anhebung um vier Prozent. Außerdem sollen die Fahrer im Schichtbetrieb entlastet werden.

Die Arbeitgeber boten drei Prozent mehr und 90 Euro sowie 2,4 Prozent mehr ab Juni 2015. In drei Verhandlungsrunden war keine Einigung erzielt worden. Am Donnerstag rufen die Gewerkschaften in Nürnberg und Augsburg zu ganztägigen Aktionen auf. Betroffen sind Busse und Bahnen.

Für München sind laut MVG bislang keine Aktivitäten angekündigt, die den Fahrdienst betreffen. Am Donnerstagnachmittag legen laut MVG Mitarbeiter der Technischen Basis der U-Bahn die Arbeit nieder. "Für die Fahrgäste spürbare Auswirkungen auf den Fahrbetrieb am Donnerstag erwarten wir jedoch nicht", hieß es dazu aus der Stadtwerke-Pressestelle.

Auch am Freitag setzt die Gewerkschaft Verdi ihre Nadelstichtaktik fort: Dann sind "ausgewählte Bereiche der Verwaltung und der Werkstätten" Ziel der Warnstreiks, etwa die Kundencenter am Marienplatz und am Hauptbahnhof. Falls auch das nicht die gewünschte Wirkung erzielt, will die Dienstleistungsgewerkschaft den Fahrdienst erneut in den Streik einbeziehen.

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