Waffenschmiede:Streiken für den Frieden

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Kurt Eisner wird nach der Friedensdemonstration verhaftet. (Foto: Krull/SZ-Photo)

Im Freimanner Geschützwerk Krupp kämpfen Arbeiter gegen den Krieg

Während des Ersten Weltkriegs geraten die meisten Münchner Wirtschaftszweige in die Krise. Nur eine Branche floriert: die Rüstungsindustrie. Maffei baut Lokomotiven für Truppentransporte, auch der Konkurrent Krauss expandiert. Die Gustav-Otto-Flugmaschinenwerke beliefern die junge königlich-bayerische Luftwaffe mit Flugzeugen, die 1913 gegründeten Rapp-Motorenwerke spezialisieren sich auf Flugzeugmotoren. Aus den beiden Unternehmen gehen die Bayerischen Motoren Werke (BMW) hervor. Und auch der Essener Schwerindustrie-Gigant Krupp streckt seine stählerne Hand nach München aus. 1916 entstehen in Freimann die Bayerischen Geschützwerke Friedrich Krupp, eine moderne Waffenschmiede, in der mehr als 2000 Facharbeiter beschäftigt sind.

Die Münchner Krupp-Arbeiter spielen eine wichtige Rolle bei den Massenstreiks Ende Januar 1918, an denen sich rund eine Million Menschen im Deutschen Reich unter der Losung "Frieden und Brot" beteiligen. Ausgangspunkt des Streiks war Berlin, wo "revolutionäre Obleute" aus der Rüstungsindustrie sowie Spartakisten und Unabhängige Sozialdemokraten die Arbeiterschaft zum Widerstand gegen die deutsche Kriegspolitik aufriefen. Der Münchner USPD-Chef Kurt Eisner war bei den entscheidenden Beratungen in Berlin dabei, und selbstverständlich kehrte er mit dem Vorsatz zurück, den Protest auch in München zu entfachen, wo ebenfalls Hunger und Kriegsmüdigkeit herrschten.

Am 28. Januar 1914 spricht Kurt Eisner auf einer Betriebsversammlung der Krupp'schen Geschützwerke im Schwabinger Bräu und fordert die Arbeiter auf, für einen Friedensschluss ohne Annexionen und Kontributionen sowie andere Forderungen in den Streik zu treten. Am folgenden Tag beschließen die Betriebsvertrauensleute von Krupp, am 31. Januar die Arbeit niederzulegen. An diesem Tag starten die Krupp-Arbeiter einen Demonstrationszug, der an den übrigen Rüstungsbetrieben im Münchner Norden vorbeiführt. 8000 bis 9000 Arbeiter schließen sich dem Streik an. Zu einem Generalstreik, der alle Münchner Industrieunternehmen erfasst, kommt es freilich nicht. Eisner wird noch am 31. Januar verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Der Streik in München, der wie überall im Deutschen Reich heftige Reaktionen von Regierung und Militärführung hervorruft, wird am 3. Februar abgebrochen.

Gemäß den Bestimmungen des Versailler Vertrags muss das Krupp'sche Geschützwerk nach dem Krieg schließen. Danach übernimmt die Fritz Neumayer AG die Werkhallen, und Mitte der 1920er-Jahre erwirbt die Reichsbahngesellschaft das Industriegelände, auf dem sie ein modernes Ausbesserungswerk errichtet.

© SZ vom 02.09.2015 / wg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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