Die Münchner Grünen wollen beim Wohnungsbau eine Pause einlegen - zumindest, wenn das Baugrundstück in einer Grünfläche liegt. Eine Stadtversammlung der Partei sprach sich am Dienstagabend mit großer Mehrheit für ein Moratorium bei Wohn- und Gewerbebauten in Allgemeinen Grünflächen, ausgewiesenen Grünzügen, Parks, ökologischen Vorrangflächen und Wäldern aus. Landwirtschaftliche Areale sind nicht komplett tabu, sollen aber möglichst geschont werden - vor allem, wenn dort ökologisch erzeugte Lebensmittel angebaut werden. Stattdessen sollen nur noch bereits versiegelte Grundstücke wie breite Straßen, Parkplätze, Großmärkte sowie bislang mit Bungalows bebaute Flächen für die Verdichtung der Stadt genutzt werden.
Der Vorstoß ist bei den Grünen umstritten. "Ich möchte nicht, dass wir als Wohnungsbauverhinderer durch diese Stadt laufen", warnte der langjährige Grünen-Politiker Bernd Schreyer, der bis vor kurzem im Sozialreferat tätig war. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt sei außerordentlich ernst, da sei eine Pause beim Bau neuer Quartiere nicht zu verantworten. Der Versuch, das Moratorium zu einem generellen Stopp für die Ausweisung neuer Gewerbeflächen im Grünen umzuwandeln und beim Wohnungsbau lediglich für eine Bevorzugung bereits versiegelter Gebiete zu plädieren, scheiterte aber. Die Parteimitglieder waren nicht bereit, ihre Forderung abzuschwächen oder auf den Begriff Moratorium zu verzichten. Es handle sich um ein "Herzensthema der Grünen", sagte Stadtvorsitzender Hermann Brem. Mit dem Beschluss für ein Moratorium wolle man bewusst eine Bombe zünden.
"Moratorium heißt ja nicht, dass nichts mehr geht", versicherte Stadträtin Sabine Krieger, die zu den Initiatoren des befristeten Baustopps gehört. "Wir wollen weiterhin, dass gebaut wird - aber nicht mehr überall." Es gelte, sich zunächst einmal auf Grundstücke zu konzentrieren, die ohnehin schon bebaut sind. Krieger kritisierte, dass es in München kein Gesamtkonzept für das weitere Wachstum der Stadt gebe. "Immer mehr Bürger sehen, wie das Grün in ihren Stadtvierteln verschwindet." Die Ausarbeitung eines solchen langfristigen Konzepts ist ebenfalls Bestandteil des von der Stadtversammlung beschlossenen Antrags. Es müssten Tabuflächen ausgewiesen werden, die dauerhaft von jeder Bebauung freigehalten werden. Zudem müsse es weiterhin auch Landwirtschaft in München geben. Ideal sei es, höhere Häuser und weniger Parkplätze zu errichten.
Kriegers Kollege Herbert Danner hatte ein paar Flächen parat, die seiner Meinung nach für neue Wohnungen infrage kommen. Die Parkplatzflächen von Siemens in Neuperlach etwa - da müsse die Stadt Verhandlungen aufnehmen und Anreize schaffen. Das gilt auch für Flächen, auf denen lediglich Bungalows stehen. Danner will die Besitzer dazu animieren, ihre Häuschen aufzustocken und so neue Wohnungen zu schaffen. Auch im Euro-Industriepark seien die wertvollen Flächen keineswegs so genutzt, wie es den Wachstumsprognosen der Stadt angemessen wäre. Große Kreuzungen oder auch breite Autoschneisen wie die Ständlerstraße sollten verkleinert, der frei werdende Grund für neue Wohnhäuser genutzt werden.
Bei Ludwig Hartmann, dem Vorsitzenden der Landtagsfraktion der Grünen, hält sich die Begeisterung für das Moratorium in Grenzen. Wälder und Parks würden in München vermutlich ohnehin nicht zugebaut, erklärte er am Rande der Stadtversammlung in der Echardinger Einkehr. Und das durchaus gravierende Problem der zunehmenden Versiegelung Bayerns sei in München deutlich harmloser ausgeprägt als in ländlichen Gegenden, wo je Einwohner im Schnitt deutlich mehr Fläche betoniert sei als in der dicht und vergleichsweise hoch bebauten Großstadt.