Vorzeitiger Austritt:Barettis Anwalt: Die CSU wollte ihn schlachten

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Stadtrat Christian Baretti, eine der Hauptfiguren im CSU-Skandal um gekaufte Mitglieder und gefälschte Aufnahmeanträge, ist aus der CSU ausgetreten. Damit kam er einer Entscheidung des Parteischiedsgerichts zuvor, das auf Antrag des Münchner Bezirksverbands seinen Ausschluss beschließen sollte.

Acht Stunden vor Beginn der Sitzung des Parteischiedsgerichts ließ Baretti über seinen Anwalt erklären, dass er mit sofortiger Wirkung aus der CSU austrete. Das Parteiausschlussverfahren habe sich damit erübrigt. Dieser Schritt sei ihm zwar "nicht leicht gefallen", stelle jedoch die einzige Möglichkeit dar, "einen Schlussstrich unter eine zutiefst belastende, über eineinhalb Jahre währende Hetzjagd gegen seine Person zu ziehen".

"Kein faires Verfahren zu erwarten"

Im Übrigen, so Barettis Anwalt Eberhard Gloning, sei vor dem Bezirksschiedsgerichts der CSU München ein faires Verfahren nicht zu erwarten gewesen. Es seien für Baretti wichtige Entlastungszeugen wie der Vorsitzende der Satzungskommission, Peter Welnhofer, nicht geladen worden. Gloning: "All dies verdeutlicht noch einmal, dass es im vorliegenden Fall nur um das Abschlachten eines Sühnelammes ging."

Der 31 Jahre alte Christian Baretti, der als fraktionsloser Stadtrat weiterhin im Rathaus aktiv bleiben will, hat die Partei etwa zwei Jahre lang durch eine Affäre in Atem gehalten, deren prominentestes Opfer Monika Hohlmeier war, die deswegen ihre Ämter als Münchner CSU-Vorsitzende und als Kultusministerin verlor.

Frühzeitig Pläne für Podiuks Sturz

Der promovierte Volkswirt war im März 2002 erstmals in den Stadtrat gewählt worden und mauserte sich schnell zu einer der Hoffnungen seiner Partei. Er arbeitete im Finanzministerium und einige Zeit auch als Redenschreiber für Ministerpräsident Edmund Stoiber in der Staatskanzlei.

Um seine Machtbasis in der Partei zu sichern, plante Baretti schon früh, den CSU-Fraktionschef Hans Podiuk vom Vorsitz im Kreisverband 9 (Ost) zu stürzen, was ihm im Frühjahr 2003 prompt gelang.

In diesem Machtkampf, bei dem es auch um darum ging, dem CSU-Landtagsabgeordneten Heinrich Traublinger die erneute Nominierung zu sichern, griff Baretti zu einer illegalen Methode: Um die parteiinternen Gegenspieler über die wahren Kräfteverhältnisse zu täuschen, meldete er den Eintritt neuer Mitglieder nicht der Partei, sondern ließ das Eintrittsdatum lediglich vom Notar beurkunden. Im Prozess vor dem Amtsgericht trug ihm dies eine Geldstrafe wegen Urkundenunterdrückung ein.

Andere Beteiligte, die Mitgliedsanträge gefälscht hatten, um die satten Prämien von bis zu 500 Euro zu kassieren, waren wegen Urkundenfälschung dran. Der ebenfalls in die Affäre verwickelte frühere Münchner JU-Chef Rasso Graber hat die Partei bereits im Juli 2004 verlassen.

Haedke wehrt sich gegen Rauswurf

Der CSU-Landtagsabgeordnete Joachim Haedke hingegen, den das Gericht als Drahtzieher der Affäre benannte, wehrt sich nach Leibeskräften gegen seinen Rauswurf. Im Prozess gegen Baretti&Co. hatte er als Zeuge die Aussage verweigert, um sich nicht zu belasten. Vielleicht wird er am Donnerstag im Hohlmeier-Untersuchungsausschuss des Landtages Ähnliches versuchen.

Für die Sitzung des Parteischiedsgerichts jedoch ließ er seinen Anwalt auf mehr als 60 Seiten vortragen, warum ihn die Partei nicht ausschließen dürfe. Bisher hat Haedke nur zugegeben, "mehrere hundert Euro" an einen der verurteilten Fälscher gezahlt zu haben. Zum Zeitpunkt des Mitgliederkaufs sah die CSU-Satzung dazu überhaupt nichts vor. Der sofortige Ausschluss für diese Tat wurde erst nach der Münchner Affäre festgeschrieben.

© SZ vom 27.04.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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