Vorweihnachtszeit:Gute Beratung kostet

Ein Münchner Fotogeschäft verlangt eine Servicepauschale für Gespräche, der Handelsverband sieht das skeptisch

Von Elisa Harlan

Bei der Suche nach einem passenden Weihnachtsgeschenk ist vielen Eltern klar: bloß keine neue Playstation fürs Kind. Mikroskope und Ferngläser hingegen sind hoch im Kurs. Sie schonen die Nerven von Mama und Papa, dazu sind sie pädagogisch äußerst sinnvoll. Auf den Verkauf dieser Hightech-Geräte hat sich Stefan Wilhelm seit fünf Jahren mit seinem Fotogeschäft am Marienplatz spezialisiert. Das Weihnachtsgeschäft läuft bisher gut an, vielleicht auch, weil er sich gegen eine Sache endlich wehren kann: die Konkurrenz aus dem Internet.

Vor einigen Jahren sind noch viele Kunden in sein Fotogeschäft gekommen und wollten kostenlos beraten werden, ohne etwas zu kaufen. Es ist kein Geheimnis, dass Fachgeschäfte davon leben, dass sie ihren Kunden eine Beratung und Betreuung bieten können, die es im Internet nicht gibt. Dennoch gibt es immer wieder Käufer, die eine Kamera im Internet erwerben und danach eine kostenlose Beratung wünschen, weil sie nicht wissen, wie ihr Gerät funktioniert.

Und das läuft so ab: Die Kunden kommen ins Geschäft, legen ihre - im Internet gekaufte - Kamera auf die Verkaufs-Theke und legen los mit ihren Fragen. "Da haben wir einfach versucht, das umzudrehen", sagt Wilhelm. Der Händler verlangt eine Servicepauschale von 25 Euro für solch eine Beratung. Wenn ein Kundengespräch länger als zehn Minuten dauere, sei der Verkäufer angewiesen, den Kunden über die Servicepauschale aufzuklären. Das klappe ganz gut. Der Effekt sei ein positiver: "Inzwischen kommen Kunden gezielt zu einer Beratung zu uns", sagt Wilhelm.

Für Bernd Ohlmann vom Handelsverband Bayern gehört eine gute und kostenlose Beratung aber zu den Aufgaben eines Einzelhändlers. Er sieht solche Pauschalen deshalb eher skeptisch und gibt zu: "Es schlagen diesbezüglich zwei Herzen in meiner Brust." Einerseits verstehe er die Verzweiflung der Händler über den "Beratungsklau", andererseits bestehe besonders das Weihnachtsgeschäft aus drei Elementen: aus gutem Service, hoher Qualität und einer kompetenten Beratung. "Natürlich sind manche Kunden sehr dreist, und es geht dabei auch um die Existenz von kleinen Fachhändlern", sagt Ohlmann. Für die Beratung jedoch Geld zu verlangen, findet er falsch. Fotohändler Wilhelm gehört nach Ohlmanns Angaben auch zu einer Minderheit von Einzelhändlern in Bayern, die solche Gebühren erheben.

Insgesamt werden sich die Münchner Einzelhändler wohl nicht beschweren können: Der Handelsverband erwartet für das Weihnachtsgeschäft 2015 einen Umsatz von zwei Milliarden Euro. "Es wird damit gerechnet, dass ungefähr elf bis zwölf Prozent, also 240 Millionen Euro im Onlinehandel umgesetzt werden", sagt Ohlmann. Seiner Meinung nach sollten die Einzelhändler das Internet als Chance verstehen, sich noch besser zu präsentieren. "Die Zeit kann man nicht mehr zurückdrehen, das Internet ist jetzt einfach da", sagt er.

Viele Leute sagten zwar, sie wollten den Einzelhandel stärken und griffen dennoch zum billigsten Produkt. Diese Erfahrung macht auch Wilhelm, denn er bekomme für die Erhebung seiner Servicepauschale viel Zuspruch von seinen Kunden. Daher sei er mit seiner Idee immer noch zufrieden. Ungefähr fünfmal pro Woche verlangt er eine solche Servicepauschale, in der Weihnachtszeit steigt die Nachfrage nach einem Gespräch. "Definitiv ist an Weihnachten mehr Beratung gefragt, weil oft schnell ein Geschenk gefunden werden muss", sagt er.

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