Vorschlag-Hammer:Landpartie

Lesezeit: 2 min

Statt immer nur wegen der Natur raus ins Grüne zu fahren, fahren Sie doch einmal wegen der Kultur hin, rät unser Autor - Beispiele für lohnenswerte Ziele gibt es da genug

Von Oliver Hochkeppel

Unlängst schrieb der geschätzte Kollege Egbert Tholl an dieser Stelle, dass er stets glücklich ist, wenn Gerold Huber Klavier spielt. Und dass er deshalb nach Gräfelfing müsse, weil Huber da bei einem eigenen kleinen Festival auftrete. Er ergänzte, dass er nicht genau wisse, wo dieses Gräfelfing liege, es aber wohl nicht so schwer zu finden sei, weil sogar eine S-Bahn hinfahre, wenn sie denn fahre. Ein bisschen wundert man sich ja schon, dass ein derart erfahrener und weit gereister Journalist, der keinen Stadtplan mehr braucht, um die Konzertsäle in Luzern, London oder Tokio zu finden, solche Probleme mit dem Bürgerhaus Gräfelfing hat.

Klar, das war natürlich Koketterie, damit die wirklich lustige Pointe am Schluss klappt. Aber jemandem wie mir, der viele Jahre lang Kulturberichte aus der Münchner Region geschrieben hat, gibt das doch einen kleinen Stich. Weil es doch recht typisch ist für eine gewisse Münchner Selbstzufriedenheit. Natürlich ist in der Stadt unglaublich viel los, aber es ist eben nicht so, dass Kunst und Kultur an der Stadtgrenze endet. Im Gegenteil, von Großveranstaltungen abgesehen, passiert da draußen zusammengenommen mindestens so viel wie in der Stadt. Und zwar mitunter Sachen, die man in der Stadt gar nicht oder erst später sehen kann.

Also: Statt immer nur wegen der Natur raus ins Grüne zu fahren, fahren Sie doch einmal wegen der Kultur hin. Zum Beispiel ins Bürgerhaus Gräfelfing, das übrigens direkt am S-Bahnhof liegt, und wo ich, als ich noch in Sendling wohnte, schneller war, als beispielsweise in Haidhausen oder Schwabing. Am 16. April spielt dort Konstantin Kostov mit seinem Trio, ein leider immer noch sträflich unterschätzter Magier des Jazzpianos. Sie können dort freilich auch jederzeit ins Kino gehen: das Filmeck im Bürgerhaus ist seit Jahrzehnten eines der besten Filmkunstkinos weit und breit. Im Moment läuft gerade "Still Alice".

Wer es richtig edel haben will, besucht den August-Everding-Saal in - natürlich - Grünwald, einen der schönsten und bestklingenden Kammermusiksäle in Bayern. Am 15. April spielt dort der französische ARD-Wettbewerbs-Preisträger Alexandre Tharaud. Wobei der Steinway C im prächtigen Bürgerhaus des benachbarten Pullach sogar noch einen Tick besser ist, vielleicht sogar der beste im Münchner Raum. Den bespielt am 16. April der in Paris lebende Jazzstar Bojan Z, begleitet von Nils Wogram, einem der besten Posaunisten Europas. Die beiden kann man in München ebenso wenig sehen wie Los Romeros, das berühmteste aller Gitarrenquartette, das am 25. April ins Ottobrunner Wolf-Ferrari-Haus kommt. Und im Norden waren wir jetzt noch gar nicht. Ein anderes Mal.

© SZ vom 27.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: