Vorschlag-Hammer:Da fehlt was

Ich will noch nicht sentimental werden. Aber doch ist da die letzte Inszenierung, die Johan Simons als Intendant der Münchner Kammerspiele an eben diesen erarbeitet. Die heißt "Hoppla, wir sterben!" und hat am 29. April Premiere

Von Egbert Tholl

Nein, ich will noch nicht sentimental werden. Aber doch ist da die letzte Inszenierung. Die letzte, die Johan Simons als Intendant der Münchner Kammerspiele an eben diesen erarbeitet. Die heißt Hoppla, wir sterben! und hat am 29. April Premiere. Nun, so schlimm, wie der Titel klingt, wird es mit der Sentimentalität nicht werden. Aber doch ist es ein Zeichen beginnenden Abschieds, der ja wiederum schon längst begonnen hat, damals nämlich, als Simons bekannt gab, er werde die Kammerspiele im Sommer 2015 verlassen.

Mir ist dieser Aspekt des Theaterlebens ja schon immer ein Rätsel gewesen, dieses Vagabundieren, drei Jahre hier, fünf Jahre dort, neue Stadt, neue Kollegen, kaum kennt man die, geht es weiter, woandershin. Dazu bin ich viel zu schwerfällig im Gemüt, auch wenn ich durchaus verstehen kann, dass man neue Einflüsse braucht, wenn man vorankommen will in dem, was man ausdrücken will; dass bestimmte Konstellationen irgendwann ausgereizt sein können.

Aber das ist doch der Punkt: Ich empfinde die Intendanz von Johan Simons nicht an ihr Ende gekommen. So zwei, drei Jahre hätten es schon noch sein können. Vielleicht wären dann ein paar inhaltliche und ästhetische Stränge weit genug verfolgt worden. Etwa der der Musik. Gut, nun, bei "Hoppla, wir sterben!" ist wieder Musik dabei, in Form der Musiker vom Modern String Quartett. Doch die Verschmelzung der Genres, von der Simons einst geträumt hatte, vielleicht die Erfindung eines Kammerspiel-Sprechoper-Musikformats, die kam nicht mehr zustande. Da fehlt also was.

Was dann noch fehlen wird, sind einige der Schauspieler. Noch weiß man nicht genau, wer von denen bleiben wird, so wenige werden es gar nicht sein. Klar, die Holländer und Ähnliche werden wegziehen. Drei von ihnen kann man bei der Premiere noch einmal in Premierenverfassung erleben, Papa und Tochter Jung und Benny Claessens. Ich will aber gar nicht, dass die gehen. Freilich, der Gedanke kam mir schon öfters, schließlich habe ich ja schon ein paar Intendantenwechsel in München erlebt. Und man sieht sich meist ja wieder, da muss man halt nach Hamburg oder Gent fahren. Aber doch hätte ich da eine Bitte: Seid am 29. April sauschlecht. Stottert und stammelt, torkelt lallend über die Bühne, nuschelt unverständliches Zeug, geht einem auf die Nerven, kurz: Macht alles, aber wirklich alles, dass man sich freut, euch in München nicht mehr sehen zu müssen. Vielleicht klappt es dann auch mit dem Abschied.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: