Von Berg am Laim nach Rom:Die ganz große Klassenfahrt

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175 Jahre wird die Maria-Ward-Mädchenrealschule alt, und die Leiterin hatte eine kühne Idee: Einfach verreisen mit allen Schülerinnen und Lehrern. Am Sonntag starten nach einem Jahr intensiver Planung die Busse - nur die Eltern bleiben daheim

Von Daniel Sippel

Bei anderen Schulen ist es so, wenn sie ein Jubiläum feiern: Es gibt einen formellen Festakt in der Schulaula, geladene Gäste halten lange Reden, der Schulchor singt. Man trinkt ein Gläschen und isst belegte Semmeln.

Bei Ute Sterners Schulfamilie ist das alles ganz anders. Die 55-Jährige leitet die private Maria-Ward-Mädchenrealschule in Berg am Laim. Und zum 175. Geburtstag ihrer Schule verreist sie - und nimmt die ganze Schulfamilie mit: 461 Schülerinnen, 45 Lehrer, zwei Ärzte, einen Sanitäter, eine Psychologin. Am Sonntag geht es los mit acht Doppeldecker-Bussen. Zwölf Stunden wird die Reise dauern. Ihr Ziel: Rom.

Mit weniger war Ute Sterner von Anfang an nicht zufrieden. Als sie vor eineinhalb Jahren begann, das Jubiläumsjahr ihrer Schule zu planen, hatte sie einen Einfall: "Fahren wir einfach weg!" Das Ziel stand schnell fest: "Ich wollte schon immer mit der Schule nach Rom fahren."

Die Rektorin ist unbesorgt: "Da steckt ein Haufen Arbeit dahinter."

Ute Sterner ist eine Macherin. Ihre schwarz-grauen Haare trägt sie kurz, dazu eine rahmenlose Brille und einen Trachtenjanker. Wenn sie über den Schulhof spaziert, rennen Kinder zu ihr: "Hier, darfst du mal ausprobieren." Ein Mädchen hält ihr zwei Stelzen hin. "Na, mal sehen, ob ich das noch kann", sagt Frau Sterner und läuft ein paar Schritte mit ihnen. Dann bricht sie ab, erinnert noch einmal: Nur einen Koffer darf das Mädchen mitnehmen, 40 mal 60 Zentimeter!

Als Schulleiterin führt sie die Gruppe an. Die Romfahrt: Ihre Idee, ihre Verantwortung, ihr Risiko. Sie kann trotzdem ruhig schlafen. "Wir setzen uns nicht in den Bus und fahren los - da steckt ein Haufen Arbeit dahinter", sagt sie. Ihre Kollegen und sie planen die Fahrt seit über einem Jahr: "Was kann da noch schiefgehen?"

Die Vorbereitung nennt sie einen "getakteten Anlauf". Dieser Anlauf began im Winter 2014. Ihre Kollegen waren schnell von dem Plan überzeugt. Rasch passten sie Lehrpläne an, um auf die Jubiläumsfahrt vorzubereiten: Im Erdkunde-Unterricht schrieben die Kinder Reiseführer, in Mathematik lernten sie römische Zahlen.

Schulleiterin Ute Sterner und Konrektorin Angelika Bauer-Deutler fuhren schon zusammen nach Rom, um die große Schulreise vorzuplanen. (Foto: Robert Haas)

Sterner überzeugte auch den Elternbeirat - und hatte leichtes Spiel: "Die Eltern wären alle mitgefahren. Aber das geht natürlich nicht." Sie trägt dem Beirat auf, anderen Eltern ihre Ängste zu nehmen, sie zu beruhigen. Immerhin sei so eine Fahrt "ein gewagtes Unternehmen", sagt der Vorsitzende des Elternbeirats, Dirk Baum.

Deshalb beauftragte die Schulleiterin eine Reiseagentur, spezialisiert auf Großgruppen. Die Agentur buchte Bungalows auf einem Campingplatz - vier Kilometer entfernt vom Vatikan - reservierte 510 Karten für eine General-Audienz beim Papst, erstellte einen detaillierten Zeitplan für die Fahrt: "Mittwoch: 5.45 Uhr, Frühstück Busse 5+6+7+8." Jede Schülerin weiß schon in Deutschland genau, wo sie in Rom zum Essen sitzen muss. So kann das Verpflegungs-Team Vegetarier, Veganer und Allergiker und andere Ernährungsweisen auseinanderhalten.

Als Sterner den Reiseplan in den Händen hielt, stand für sie fest: Die Reise muss sie vorher ausprobieren. Also fuhrt sie mit ihrer Kollegin, Konrektorin Angelika Bauer-Deutler, nach Rom - ein Jahr vor der Jubiläumsfahrt. Nach ihrer Rückkehr waren sie angetan. "Wir hatten einen hervorragenden Eindruck." Dann kümmerte sie sich um die Finanzierung. Jedes Mädchen sollte nur soviel zahlen, wie eine normale Klassenfahrt gekostet hätte. Also veranstalteten sie ein Benefizkonzert, backten Waffeln und verkauften Milchshakes.

Jetzt ist es soweit: Am Sonntag um 19 Uhr rollen die Doppeldecker-Busse los. Knapp 1000 Eltern werden dann winken, weinen und warten - auf Postkarten ihrer Töchter aus Rom. Und auf Freitag, wenn die Kinder wiederkommen.

© SZ vom 24.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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