Vinicio Capossela in der Freiheizhalle:Werwolf, mit dem Pelz am rechten Fleck

Vinicio Capossela in der Freiheizhalle: In guter Gesellschaft ist der gebürtige Hannoveraner Vinicio Capossela (Mitte) stets auf Tour, wo er sich von ausgezeichneten Musikern begleiten lässt.

In guter Gesellschaft ist der gebürtige Hannoveraner Vinicio Capossela (Mitte) stets auf Tour, wo er sich von ausgezeichneten Musikern begleiten lässt.

(Foto: Paolo Soriani/ Club 2)

Vinicio Capossela lässt durch sein italienisches Nummer-eins-Album "Canzoni della cupa" Schattenwesen huschen. Dafür holte er sich Hilfe bei US-Bands wie "Calexico" und "Los Lobos".

Von Michael Zirnstein

Vinicio Capossela wird oft mit Tom Waits verglichen, mit dessen Gitarristen Marc Ribot er oft zusammenarbeitete. Ebenso viel wie mit dem New Yorker Tresen-Troubadour verbindet den italienischen Liedermacher aber mit seinem universalgelehrten Landsmann Umberto Eco: der hintergründige Witz, der weltläufigen Charme, der politische Scharfsinn, die Liebe für Mythen aus aller Welt und allen Zeiten.

Er sehe sich als Schriftsteller, sagt Capossela, der selbst Romane verfasst hat. Zum Sänger werde er nur, wenn er eine Auftrittsform für seine Verse brauche, sagt der 50-Jährige. So finden sich die Besucher seiner Konzerte oft in einer Märchenwelt wieder, wenn der Bärtige da im Zottelkostüm erscheint oder unterm Regenschirm an der Rampe hockt und sich vom Publikum einen Tropfenschauer mit den Fingern schnipsen lässt.

Oder der in der Emiglia Romana aufgewachsene gebürtige Hannoveraner trägt Marinerock und Zylinder inmitten eines Jahrmarktes mit Feuerspuckern, Akrobaten und Stelzenläufern.

Keinesfalls aber darf man seine Musik unterschätzen. Auch hier weiß man nie, mit welcher Passion er einen überrascht: Basis ist das italienische Autorenlied wie von Paolo Conte, das er mit italienischer Volksmusik wie Tarantella, aber gerne auch wie der Kollege Zucchero mit Blues und Rock verbindet. Er begeisterte sich auf Reisen auch schon für griechischen Rembetiko, Tango, Folkore vom Balkan und kapverdische Morna.

Für seine Mission, den Zauber der schönen Dinge vor dem Verfall zu bewahren, sucht er sich stets ebenso vernarrte Partner. Für sein Doppelalbum "Canzoni della Cupa", seine zweite Nummer eins in Italien, arbeitete er etwa mit den Tex-Mex-Pionieren Los Lobos und den Americana-Granden Calexico. Deren Gründer Joey Burns und John Convertino hat er auch für ein Stück zusammen mit Howe Gelb aufgenommen - ohne ihr Wissen getrennt voneinander. So hat er sie in dem Stück zu ihrer alten Band Giant Sand wiedervereinigt.

Auf der ersten CD des Doppelalbums, "Polvere" (Staub), geht es um das harte Dasein der Landarbeiter, den Kreislauf von Geburt und Tod. Auf der zweiten "Ombre" (Schatten) lässt der Hexenmeister an von der Sonne verlassenen Orten Fabelwesen huschen, wie einen Werwolf, der den Pelz innen trägt. Man darf auf die Inszenierung gespannt sein.

Vinicio Capossela, Fr., 12. Mai, 20 Uhr, Freiheizhalle, Rainer-Werner-Fassbinder-Pl. 1, 089/21837300

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