Viertel-Stunde:Wandeln im Wagner-Land

Stadtteilführung der Müncchner Volkshochschule zum Thema: Niemandsland zwischen Dörfern, nördliches Schwabing

Kleines Schild, große Frau: die Isoldenstraße.

(Foto: Florian Peljak)

Dem Schwabinger Wagner-Quartier stand der berühmte Komponist mit seinen Opern Pate

Von Nicole Graner

Man geht durch die Isoldenstraße. Und hört, wenn man Opernmusik liebt, im Geiste eine wunderbare Melodie. Die Worte, die Isolde ihrem geliebten Tristan ein letztes Mal schenkt. Bevor sie zu leisen Geigentönen in Richard Wagners Oper "Tristan und Isolde" ihren Liebestod stirbt. "In dem wogenden Schwall, in dem tönenden Schall, in des Welt-Atems wehendem All - ertrinken, versinken - unbewusst - höchste Lust!" Wer als ein Freund von Wagners Motivtechnik einen Spaziergang durch das Wagnerviertel in Schwabing unternimmt, findet schnell auch Tristan. Die nach ihm benannte Straße verläuft parallel zur Isoldenstraße. Ein bisschen kürzer ist sie, aber Liebe misst man nicht nach Metern.

Tristan selbst würde, tummelte er sich im Wagnerland, als nächstes in die Kurwenalstraße abbiegen. Sie ist nach seinem Freund benannt, der all sein Fühlen mit ihm teilt: ". . . aus Treu' zu dir, mit dir nach ihr nun muss ich mich sehnen", singt er im dritten Aufzug. Und auch Isolde könnte im Viertel durch die Straße ihrer "holdesten" Busenfreundin Brangäne schlendern - ein stilles Sträßchen. Die Mottlstraße erinnert an den Wagner-Dirigenten Felix Mottl (1856 bis 1911). Seine Karriere hat er vor allem Wagners Ehefrau Cosima Wagner zu verdanken, die ihn beauftragte, den ersten "Tristan" in Bayreuth zu dirigieren. Sein Können steht auf der einen Seite, Fehlentscheidungen auf der anderen: jüdische Sänger und Musiker nicht an Aufführungen in Bayreuth mitwirken zu lassen.

Auch Wagners Parsifal hinterlässt im Viertel Spuren, allerdings in der Schreibweise "Parzival", angelehnt an das Epos des Wolfram von Eschenbach. An der Parzivalstraße liegt das Schwabinger Krankenhaus, der Parzivalplatz ist Treffpunkt von Autos, Trambahnen, Bussen und Taxis. In der Montsalvatstraße, die von der Leopoldstraße stadteinwärts abgeht, spaziert man zwischen 1907 und 1912 gebauten Häusern. Und wieder hat der Wagner-affine Schlenderer eine Melodie im Kopf, die Lohengrin im dritten Akt der gleichnamigen Oper zu Beginn seiner Gralserzählung singt: "In fernem Land, unnahbar euren Schritten, liegt eine Burg, die Montsalvat genannt". Eine Burg findet man im Viertel nicht, aber viel Charme.

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