Viertel-Stunde:Späte Ehre für einen Vordenker

Viertel-Stunde: Carl Amery (1922-2005) , Schriftsteller, Naturschützer und Zeitkritiker, im Jahr 2002, in dem auch sein Buch "Global Exit" erschien.

Carl Amery (1922-2005) , Schriftsteller, Naturschützer und Zeitkritiker, im Jahr 2002, in dem auch sein Buch "Global Exit" erschien.

(Foto: imago stock&people)

Nach Carl Amery wird ein Platz in Au-Haidhausen benannt

Von Johannes Korsche

Ein Linkskatholik, Realutopist und bayerischer Weltbürger sei der 1922 in der Au geborene Christian Anton Mayer gewesen - um nur einige der klangvollsten Wertungen zu nennen, die dem politischen Schriftsteller zuteil wurden. Wobei er eher unter seinem Literatennamen bekannt ist: Carl Amery. Künftig wird - auf Betreiben des Bezirksausschusses Au-Haidhausen - ein Platz in seinem Geburtsviertel an ihn erinnern: An der Reger-, Ecke Welfenstraße ist ihm der Carl-Amery-Platz gewidmet. Hat die Bayerische Hausbau nebenan auf dem ehemaligen Paulaner-Gelände erst einmal fertiggebaut, wird dort auch eine Tram halten.

Der Name ist ein Anagramm, aus Mayer wird Amery. Aus dem von amerikanischer Kriegsgefangenschaft Heimkehrenden wird ein Schriftsteller. Doch Wortakrobatik allein war Amery nicht genug. Er wollte nicht "l'art pour l'art" betreiben, er war politisch engagiert. In seinen "angriffslustigen Essays vereinte er Literatur und Politik, bezog er kritisch Position zu Themen wie Katholizismus, Gesellschaftspolitik, Wiederbewaffnung und Umwelt", sagt Frank Schmitter, stellvertretender Leiter der Monacensia im Hildebrandhaus. Die Monacensia bewahrt Amerys literarischen Nachlass auf. Nur logisch, bedenkt man, dass Amery von Dezember 1967 an für vier Jahre Direktor der Städtischen Bibliotheken Münchens war. Während seiner Amtszeit setzte er sich unter anderem für ein großes Münchner Volksbildungs- und Kulturhaus ein. 1985 wurde aus seiner Idee Realität: Der Gasteig eröffnete.

Amery war ein Vor- und Querdenker, dessen "Lebensthema nichts geringeres als die Zukunft" war, sagt Schmitter. Einer, der sich seit den 1970er Jahren mit der Umweltzerstörung beschäftigte und zu den Gründungsvätern der Grünen zählt. Seine lebenslange Maxime habe er bereits im Mai 1948 in seiner Erzählung "Der gefährliche Friede" ausgegeben: "Resisto ergo sum - Widerstand leiste ich, also bin ich." Dieser Leitspruch führte ihn neben zahlreichen Preisen und Ehrungen unter anderem zur Gruppe 47. Carl Amery starb 2005 in München. Er ist auf dem Ostfriedhof begraben.

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