Viertel-Stunde:Pionierin als Frau und Forscherin

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Koryphäe ihres Fachs: Angela von den Driesch. (Foto: Berthold Steinhilber)

Angela von den Driesch war eine Pionierin der vor- und frühgeschichtlichen Tierforschung. Was heißt war? Bis heute setzt sie Maßstäbe. Denn wer zum Beispiel Tierknochen vermisst, bezieht sich auf sie. Jetzt wird eine Straße nach ihr benannt.

Von Johannes Korsche

Das hätte Angela von den Driesch gefallen: Der "Angela-von-den-Driesch-Weg", der durch das Pasinger Neubaugebiet an der Paul-Gerhardt-Allee führen wird. Nicht etwa, weil sie eitel gewesen wäre, sondern weil ihr der Beweggrund für die Widmung gefallen hätte. Von den Driesch kämpfte ihr Berufsleben lang gegen die Benachteiligung von Frauen in der akademischen Welt, auch als Frauenbeauftragte des Instituts für Paläoanatomie, Domestifikationsforschung und Geschichte der Tiermedizin der Tierärztlichen Fakultät an der Ludwig-Maximilians-Universität. Seit 1965 arbeitete sie an dem Institut, zwischen 1991 und 1999 leitete sie es. Von den Driesch starb im Januar 2012. Man wolle mit solchen Widmungen das Leben und Wirken bedeutender Frauen im Stadtbild präsenter machen, heißt es von Seiten des Kommunalreferats.

Von den Driesch war Pionierin der vor- und frühgeschichtlichen Tierforschung und setzte bis heutige gültige methodische Standards bei der Vermessung von archäologischen Tierknochenfunden. "Wer heute einen Knochen vermisst", sagt ihr Nachfolger als Leiter des paläoanatomischen Instituts, Joris Peters, "bezieht sich auf sie". Außerdem legte sie eine weltweit einzigartige Sammlung von Skeletten an, die etwa 20 000 Referenzstücke zur Einordnung von archäologischen Tierfunden zählt. Seit 2000 erweitern diese Skelette die Staatssammlung für Anthropologie um den Bereich der Paläoanatomie. Eine "nahezu einzigartige Verbindung", sagt Peters, der Direktor der Staatssammlung ist. In ihrem Berufsleben veröffentlichte von den Driesch etwa 300 Publikationen, darunter das Standardwerk "Geschichte der Tiermedizin. 5000 Jahre Tierheilkunde". Sie vermaß nicht nur archäologische Funde, sie vermaß auch ihre Forschungsdisziplin: "Man sagt, in der Forschung gibt es Leuchttürme: Sie war einer", sagt Peters.

Bei all den wissenschaftlichen Leistungen erinnert sich Peters vor allem an einen "fantastischen Menschen". Auf zahllosen gemeinsamen Forschungsreisen habe er sie schätzen gelernt. Sie habe mit ihrem "gewissen Humor" immer die Stimmung im Team hochgehalten.

© SZ vom 17.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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