Viertel-Stunde:Kanzler und Werkzeugkästen

Stephan Huber Blaue Wand Kunstwerk Schule an der Bergsonstraße Obermenzing

"Blaue Wand" aus Werkzeugkisten von Stephan Huber.

(Foto: Quivid / kaunat / oh)

Angela Scheibe-Jaeger hat versteckte und öffentliche Kunstwerke in Pasing erkundet und präsentiert das Ergebnis jetzt in einer lockenden Broschüre

Von Jutta Czeguhn

Künstler zieht es entweder dorthin, wo sie sich günstig einrichten können, oder wo es sich angenehm leben und arbeiten lässt, in große Häuser mit viel Raum für Ateliers. In besten Lagen. Pasing und Obermenzing mit den beiden Villenkolonien war - vielleicht auch ist - so ein Biotop. Schon immer wohnten dort viele namhafte Maler und Bildhauer in enger Nachbarschaft, waren in regem Austausch oder sich in herzlicher Feindschaft zugetan.

Angela Scheibe-Jaeger erkundet diese Künstlerszene schon seit Jahren. Mit Unterstützung des Kulturforums München-West, dessen stellvertretende Vorsitzende sie ist, hat sie nun einen Führer herausgebracht, den sie fortschreiben möchte. "Kunstwerke der letzten 100 Jahre in Pasing und Obermenzing", so der Titel der kleinen Broschüre, die in jede Hand- oder Jackentasche passt. Ein Lageplan zeigt dem Leser, wo es lang geht. Weil wohl niemand die 44 Kunstschauplätze in einem Rutsch ablaufen wird, macht die Autorin das Angebot, sektorenweise vorzugehen: Pasing-Mitte, -West, -Ost , die Villenkolonien, Obermenzing.

Dass Bildhauer-Persönlichkeiten wie Joseph Flossmann (1862-1914) und Hans Osel (1907-1996) im Stadtbezirk lebten und wirkten, ist nichts Neues. Wer kennt nicht Flossmanns Bismarck-Brunnen am Wensauerplatz? Über Jahre saß ein "Ersatz-Kanzler" auf dem Brunnen-Podest, weil die Original-Skulptur 1984 am helllichten Tag von Männern in blauen Overalls abgenommen worden war. Erst 2005 tauchte der Flossmansche Bismarck wieder auf. Hans Osels Brunnenbuberl vom Fischbrunnen am Pasinger Viktualienmarkt blieben solche Abenteuer erspart. Und die moderne Variante - Jeppe Heins interaktiver Brunnen auf den Platz zwischen den beiden Arcaden-Blöcken - wird keiner wegtragen können.

Reizvoll sind die versteckten Kunstwerke, die Scheibe-Jaeger zeigt. Hier sind für Ureinwohner und Einwanderer spannende Entdeckungen zu machen. Wer ahnte, dass der Komplex der Beruflichen Schulen an der Bergsonstraße in Obermenzing gleich mehrere Kunstwerke aufbietet, die Besucher während des Schulbetriebs besichtigen können? Da ist der blaue Pendelturm von Norbert Radermacher auf dem Schulareal, der in seinem Inneren ein Foucaultsches Pendel enthält. Im Schulgebäude gibt es zwei Installationen von Stephan Huber: Die "Blaue Wand", die er aus ineinander verschachtelten Werkzeugkästen zusammengesetzt hat. Und eine rote Ziegelwand, die scheinbar im Raum schwebt, also alles andere als "tragend" ist. Ebenfalls in der Berufsschule zu sehen ist eine Arbeit von Beate Passow, die an den Namensgeber der Schule erinnert: Der Physiklehrer Marian Batko starb 1941 als Häftling im Vernichtungslager Auschwitz.

Den Kunstführer gibt es kostenlos im Pasinger Bürgerzentrum, bei der VHS und in der Stadtbibliothek an der Bäckerstraße.

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