Viertel-Stunde:Ehre für einen tapferen Mann

Karl Stützel, lange in Vergessenheit geratener bayerischer Innenminister und Nazi-Gegner, steht nunmehr Pate für einen Platz

Von milena Fritzsche

Ein Platz braucht zweifelsohne einen Namen. Ein auffälliger roter Ring ragt auf ihm zwölf Meter in die Höhe, eine Skulptur von Mauro Staccioli. Die inoffiziell etablierte Bezeichnung "Kunstplattform" reichte dem Stadtrat aber nicht mehr, ein neuer Name musste her. Man suchte und fand einen Mann, der Spuren in der Geschichte dieser Stadt hinterlassen hat: Karl Stützel.

Der Mann war einst bayerischer Innenminister und Mitglied der Bayerischen Volkspartei. Er hat Bayern nicht nur ein Kommunalwahlgesetz hinterlassen, das im Grundsatz noch heute gültig ist, sondern stellte sich schon früh den Nationalsozialisten in den Weg. 1925 verhängte der Minister ein zweijähriges Redeverbot in Bayern gegen Adolf Hitler und verhinderte im gleichen Jahr erfolgreich dessen Einbürgerung. Zudem sorgte Karl Stützel gemeinsam mit anderen Länderministern dafür, dass die paramilitärischen Organisationen SA und SS im April 1932 zumindest für kurze Zeit von der Bildfläche verschwanden. Auch mit Verboten von Auftritten und Uniformen versuchte Stützel, den Nazis ihren Einfluss zu nehmen.

Vergeblich: Am Abend des 9. März 1933 stürmte die SA das Rathaus und hisste die Hakenkreuzfahne. Noch in der gleichen Nacht wurde Karl Stützel ins sogenannte Braune Haus verschleppt, misshandelt und verhört. Bis zu seinem Tod 1944, im Alter von 72 Jahren, lebte er zurückgezogen in München, von den neuen Machthabern verfemt. Danach geriet Stützel in Vergessenheit. Das wird sich nun ändern, wenn das Areal am nordwestlichen Ende des Alten Botanischen Gartens und an der viel befahrenen Kreuzung von Elisen- und Luisenstraße künftig Karl-Stützel-Platz heißt.

Derzeit durchforstet übrigens eine Kommission auf Initiative des Stadtrats Münchner Plätze und Straßen nach historisch belasteten Namen, nicht zuletzt auch, um zu klären, ob etwa Personen mit nationalsozialistischer Biografie bis heute so geehrt werden. Mit dem ehemaligen Innenminister werden die Historiker auf jeden Fall keine Mühe haben. Im Gegenteil: Karl Stützel hat alles in seiner Macht stehende getan, um eben solche braunen Flecken in der Stadt zu verhindern.

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