Viertel-Stunde:Die Mutter der Hofflohmärkte

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Sie findet die Idee toll: Dorothee Fichter (Foto: Catherina Hess)

Wie es Dorothee Fichter vor 15 Jahren gelungen ist, die Bürger im Viertel für den Verkauf des Krempels aus dem Keller zu gewinnen

Von Stefan Mühleisen

Anfangs waren die Schwabinger ziemlich zaghaft. Ob das nicht zu vertraulich wird, wenn alle zusammen im Hinterhof ihren Krempel verkaufen? Werden die Nachbarn da nicht weniger miteinander, sondern übereinander reden? "Viele glaubten zunächst, dass ist ein zu intimer Blick in die eigene Lebensweise", erinnert sich Dorothee Fichter über die Anfänge der Schwabinger Hofflohmärkte. Seit 15 Jahren organisiert die Leiterin der Nachbarschaftshilfe in der Seidlvilla diesen Bürger-Basar, der an diesem Samstag, 13. Juni, wieder stattfindet - und wohl wieder Tausende anlockt. Denn die Trödel-Sause ist längst ein über die Stadtgrenzen hinaus bekanntes Flohmarkt-Event. Auch wenn es das Verkaufen in Hinterhöfen in vielen Stadtvierteln gibt - der Schwabinger Markt ist das Original. Und Dorothee Fichter damit die Mutter der Hofflohmärkte.

Die 48-Jährige mit dem mädchenhaften Charme kann sich auch nach all den Jahren für die Idee begeistern, die in den Neunzigerjahren Wolfgang Tomasek, Anwohner der Isabellastraße, hatte. Ihn nervte die Anonymität, der unpersönliche Kontakt unter den Nachbarn. Sein Einfall: Ein Flohmarkt im eigenen Hinterhof, bei dem alle mitmachen, ist eine gute Gelegenheit zum Kennenlernen. Beim Schwätzchen zwischen dem Klimbim aus dem Keller kann das Haus oder sogar der ganze Straßenzug zur Gemeinschaft werden. "Es ist eine geniale Idee", sagt Fichter, die die Idee dann umgesetzt hat.

Fichter knüpfte Kontakte, sprach mit vielen Schwabingern. Unermüdlich versuchte sie, den Menschen den Argwohn zu nehmen. Alle Nachbarn eines Hauses zahlen 15 Euro als Beitrag; davon wird der Druck von Handzetteln finanziert - und Luftballons gekauft, die die Eingänge markieren. Immerhin 30 Hausgemeinschaften trommelte Fichter im ersten Jahr zusammen, nach zehn Jahren waren es 200, heute sind es 320. Fichter weiß, dass einige Hausgemeinschaften dem Termin geradezu entgegenfiebern, ihre Ferienzeiten danach planen. Und es kommen immer neue hinzu: In diesem Jahr beteiligt sich auch Nachbarschaften am Schwabinger Rand, etwa an der Kunigundenstraße und der Infanteriestraße.

© SZ vom 13.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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