Viertel-Stunde:Das Truderinger Gedächtnis

Viertel-Stunde: Sie weiß alles: Eva Prockl.

Sie weiß alles: Eva Prockl.

(Foto: Robert Haas)

Eva Prockl hat viele Truderinger Geschichten intus

Von Renate Winkler-Schlang

Sie sind vor langer Zeit dahingesiecht, etwa an der Pest wie die Bäuerin Katharina Mayr vom Loher Hof. Doch für Eva Prockl sind manche der früheren Truderinger geradezu zu Freunden geworden. Sie kennt ihre Lebensumstände, ihre Häuser, ihre Heiratskandidaten. Den Rest kann sich die 43-jährige Historikerin und Kunsthistorikerin zusammenreimen - und das alles sehr anschaulich erzählen.

Es gibt zwei wichtige Chroniken Truderings, die von Josef Brückl von 1972 und "Trudering - Waldtrudering - Riem", herausgegeben von Willibald Karl. Doch nicht jeder Neubürger hat sich diese Schinken einverleibt. Eva Prockls Verdienst ist eine kompakte und doch profunde Zusammenfassung mit Augenmerk auf wichtige Denkmäler, die sie für eine Image-Broschüre des Städtebauentwicklungsprojektes "Aktive Zentren" verfasst hat. Diese ist die Grundlage der historischen Hinweisschilder, die nun an ehrwürdige Höfe geschraubt werden.

Prockl, die nach ihrem Studium Stadtführerin war und Ausstellungen organisierte, ist gebürtige Münchnerin, zog aber erst nach der Hochzeit ins ihr damals dörflich erscheinende Trudering. Mit der Tochter im Kinderwagen macht sie lange Spaziergänge, erfreut sich an den letzten malerischen Ecken, bedauert, wenn ein Haus verschwindet, weil es keinen Profit mehr abwirft.

Sie bietet Stadtteilmanagerin Selma Last ihre Mitarbeit an der Broschüre an, doch bis aus dem Plan Wirklichkeit wird, vergeht Zeit, Prockl erwartet ihr zweites Kind. "Die Texte sind wie mein drittes Baby", sagt sie lachend. Sie habe sich reingekniet, um jedes Wort gerungen, hatte zu viel Text, musste schmerzhaft quasi Abschied nehmen von den Menschen von dazumal, die für sie lebendig geworden waren. Inzwischen lebt Eva Prockl mit ihrer Familie in Thalkirchen. Die Truderinger Geschichten hat sie aber immer noch intus. Dass die alte Schmiede an der Emplstraße in Kirchtrudering teilweise abgerissen wurde, verfolgte sie mit Interesse und Entsetzen. Ihr Traum wäre eine Führung, dann könnte sie endlich erzählen, was in der Broschüre keinen Platz hatte.

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