Video "Winter Eisbach":Im Rausch

Video "Winter Eisbach": Nachtschicht: Maximilian Schwarzkopf reitet die Eisbachwelle.

Nachtschicht: Maximilian Schwarzkopf reitet die Eisbachwelle.

(Foto: Colin Stewart)

Surfspaß bei "menschenfeindlichen Bedingungen: Ein Schotte und ein Münchner haben ein Surfvideo produziert - das Ergebnis sind spektakuläre Bilder vom Eisbach in der Nacht. Tausende haben es sich im Internet schon angesehen.

Von Pirmin Clossé

Dass die Situation etwas komisch anmutet, ist Maximilian Schwarzkopf sehr wohl bewusst. Im Ganzkörper-Neoprenanzug sitzt er mitsamt Surfboard an der Theke des Restaurants Isargold und genießt ein kühles Helles. Als er sich wenig später sein Brett unter den Arm klemmt und die Bar verlässt, kann er sich ein verschmitztes Grinsen in Richtung Kamera nicht verkneifen. Schwarzkopf ist der Protagonist im Kurzfilm "Winter Eisbach" des schottischen Amateurfotografen Colin Stewart. Das Video hat sich in den vergangenen Tagen zu einem Internet-Hit entwickelt.

Im Nachhinein hatte der 34-jährige Schwarzkopf sogar richtige Bedenken wegen der Eröffnungssequenz. Als Sozialpädagoge gehört es normalerweise zu seinem Job, Jugendliche von Alkohol und Drogen fernzuhalten. Eigentlich will er dementsprechend mit gutem Beispiel vorangehen. Der kuriosen Szene mit dem Surfer an der Bar hat er letztlich aber dennoch zugestimmt. Schließlich gehört sie schlicht zur Rahmenhandlung des Videos, das in erster Linie ungewöhnliche Eindrücke vom Isarsurfen in der Nacht vermitteln soll.

Spätestens seit der Veröffentlichung des mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilms "Keep Surfin" ist der Eisbach weltberühmt. Die Welle am südlichen Rand des Englischen Gartens, die schon vorher Surfer aus der ganzen Welt anlockte, ist zu einer richtigen Touristen-Attraktion geworden. Bei Wind und Wetter sind die Wellenreiter unterwegs, längst kursieren im Netz unzählige Amateuraufnahmen von den Surf-Abenteurern am Eisbach. Das Video von Colin Stewart ist dennoch in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes. Zum einen, weil es rund um An- und Abreise des Surfers eine kleine Geschichte erzählt. Zum anderen, weil die Bilder vom nächtlichen Ritt auf der Welle eine ganz besonders faszinierende Wirkung entfalten. "Es ging uns darum, etwas Neues zu machen, den Eisbach von einer anderen Seite zu zeigen", erklärt Stewart, der sich selbst schon als regelrechten "Nachtfilm-Experten" bezeichnet.

Vor nicht ganz zehn Jahren kam der inzwischen 40-jährige Schotte mit seiner Familie nach München. Als begeisterter Mountainbiker entdeckte er schon bald die Strecken im Alpenvorland für sich. Immer häufiger nahm er dabei auch seine Kamera mit, um die Touren zu dokumentieren. Anfangs waren es vor allem die Sonnenuntergänge, die ihn faszinierten. Weil er dadurch aber immer länger in den Bergen verweilte, begeisterte er sich zunehmend auch für die Fotografie im Dunkeln. "Die Lichtspiele in der Nacht haben einfach einen ganz eigenen Reiz", erklärt er. Die Ergebnisse sind bereits in einem ersten Video über eine rasante Mountainbike-Abfahrt zu bewundern.

"Echtes Naturerlebnis"

Dass gerade in dieser Hinsicht auch der Eisbach spektakuläre Bilder verspricht, war Stewart schon lange klar. Als er dann über einen gemeinsamen Freund Bekanntschaft mit Maximilian Schwarzkopf machte, entstand schnell das Konzept für ein gemeinsames Video. Schwarzkopf nämlich ist nicht nur ein leidenschaftlicher Flusssurfer, sondern speziell auch für nächtliche Ausflüge zum Eisbach zu begeistern. "Die Bedingungen sind dann einfach noch menschenfeindlicher", sagt er und meint das kurioserweise im positiven Sinne. Bei Schneefall und Dunkelheit im bitterkalten Eisbach-Wasser zu landen, sei ein "echtes Naturerlebnis" und mit nichts zu vergleichen.

Ausgestattet mit besonders leistungsstarken Strahlern der bayerischen Beleuchtungsfirma Lupine, die den Videodreh auch finanziell unterstützte, machten sich die Extremsportverrückten an die Arbeit. An insgesamt vier Abenden stürzte sich Schwarzkopf trotz frostiger Temperaturen in den Eisbach, während Stewart sowie dessen Kollegin Andrea Kolndorfer vom Ufer aus die richtigen Einstellungen suchten. Herausgekommen sind spektakuläre Aufnahmen mit spritzender Gischt, leuchtend grünem Wasser und faszinierenden Lichteffekten.

Die Resonanz im Internet war überwältigend. Knapp 100.000 Mal sei der Kurzfilm bereits angeklickt worden, berichtet Stewart. "Damit haben wir selbst am Allerwenigsten gerechnet." Angefixt von den tollen Ergebnissen, arbeitet er nun bereits an seinem nächsten Nachtvideo: Diesmal will er einen Skifahrer in der Dunkelheit porträtieren und seine persönliche Trilogie damit komplettieren.

Maximilian Schwarzkopf kehrt derweil zurück ins Restaurant Isargold in der Ismaninger Straße. Am Ende des Videos nimmt er sichtlich zufrieden an der Theke Platz. Statt Bier bestellt er diesmal jedoch einen Tee. Schließlich hat der Mann eine Vorbildfunktion.

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