Verwaltung:Wie München das neue Prostituiertenschutzgesetz durchsetzt

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Das Kreisverwaltungsreferat rechnet mit 4000 Sexarbeiterinnen, die pro Jahr die Anmeldebescheinigung beantragen.

(Foto: Johannes Simon)
  • Im Münchner Kreisverwaltungsreferat arbeiten fünf Projektgruppen daran, das Prostituiertenschutzgesetz termingerecht zum 1. Juli umzusetzen.
  • Die Behörde benötigt dafür neue Beratungsräume, neues Personal und ein spezielles EDV-Programm.
  • Pro Jahr rechnet die Behörde mit etwa 4000 Anmeldungen von Prostituierten.

Von Anna Hoben

Am 21. Oktober 2016 hat der Bundestag das Prostituiertenschutzgesetz beschlossen, am 1. Juli wird es in Kraft treten. Dazwischen lagen acht Monate, "ein Zeitraum, der für die Umsetzung eines kompletten Gesetzes fast nicht machbar ist", sagt Manfred Thalhammer. "Das ist alles ziemlich auf Kante genäht." Eigentlich leitet Thalhammer die Waffenbehörde im Kreisverwaltungsreferat (KVR), zusätzlich ist er aber auch stellvertretender Chef für Sicherheit und Ordnung. Dort wird das Thema Prostitution in München künftig angesiedelt sein. Und dafür, dass die Umsetzung eben doch machbar ist, haben er und seine Kollegen sich in den vergangenen Monaten ins Zeug gelegt.

Wie es auch in Firmen üblich ist, wenn eine Neuerung ansteht, gründete man erst einmal eine Projektgruppe, mit Thalhammer als Projektleiter. Seit Januar wird in fünf Arbeitsgruppen überlegt, wie die verschiedenen Aspekte des Gesetzes umzusetzen sind. Denn nicht nur auf Prostituierte und Bordellbetreiber kommen Neuerungen zu, sondern auch auf die Behörde. So werden zum Beispiel neue Beratungsräume benötigt, neues Personal, ein neues EDV-Programm.

Frauen, die mit Sexarbeit Geld verdienen, müssen sich künftig bei der Behörde anmelden und an einem Beratungsgespräch teilnehmen. Beides wird von kommendem Montag an im KVR möglich sein, und dass sie das geschafft haben, darauf ist Thalhammer schon ein bisschen stolz. "Wir sind die einzige Kommune in Bayern, die pünktlich dran ist." Bundesweit sei noch Dortmund vorne mit dabei. "Aber Berlin zum Beispiel schafft es nicht."

In München kann der Betrieb nun langsam anlaufen. Sexarbeiterinnen, die bisher schon tätig waren, haben bis Ende des Jahres Zeit, sich anzumelden. Thalhammer rechnet mit 4000 Anmeldungen pro Jahr. Laut Polizei halten sich knapp über 2000 Prostituierte in der Stadt auf. "Und dann gibt es ja noch Großveranstaltungen mit zusätzlichem Besucheraufkommen, das diese Dienstleistungen stark nachfragt."

Alle zwei Jahre müssen die Frauen die Anmeldung erneuern, unter 21-Jährige jedes Jahr. Sie bekommen dann eine Anmeldebescheinigung, die sie bei der Arbeit bei sich tragen müssen. Diese Ausweise mit biometrischem Passbild werden von der Bundesdruckerei in Berlin hergestellt, "das ist ein Dokument wie ein Personalausweis oder ein Reisepass". Die Frauen müssen nachweisen, dass sie zuvor schon an einer Gesundheitsberatung im Referat für Gesundheit und Umwelt teilgenommen haben. Beim KVR bekommen sie dann Informationen zur Rechtslage, etwa zur Sperrbezirksverordnung und zur sozialen Absicherung. Aber auch über Beratungsangebote und Hilfe in Notsituationen sollen sie aufgeklärt werden, außerdem darüber, dass ihre Daten an das Finanzamt weitergeleitet werden.

In Schulungen und Rollenspielen lernen die Behördenmitarbeiter zurzeit, wie sie solche Gespräche geschickt und sensibel führen. "Wenn ein Verdacht auf Straftaten vorliegt, zum Beispiel Menschenhandel, schalten wir die Polizei ein." Die Polizei, genauer gesagt das Kommissariat 35 der Kriminalpolizei, die sogenannte Sitte, wird auch weiterhin die Kriminalität im Rotlichtviertel im Blick haben - und die Sicherheit überprüfen.

Bordellbetreiber müssen ihren Betrieb künftig ebenfalls anmelden und bis Ende dieses Jahres ein Betriebskonzept zur Genehmigung vorlegen. Für alle Kontrollen in den Bordellen rund um baurechtliche und strukturelle Vorschriften wird dann künftig auch das KVR zuständig sein, genauer gesagt die Betriebsinspektion. Mitarbeiter, die früher Gaststätten kontrolliert haben, überprüfen dann auch die rund 190 Bordellbetriebe in der Stadt.

An den Start gehen wird die Behörde mit einem Team von sechs Mitarbeitern, die von anderen Aufgaben abgezogen wurden. Langfristig sollen es neun werden, die Stellen muss der Stadtrat aber erst genehmigen; im Herbst wird der Beschluss dem Kreisverwaltungsausschuss vorgelegt. Thalhammer rechnet mit Startkosten von 1,7 Millionen Euro pro Jahr. Jetzt ist er erst einmal froh, dass sein Team alles rechtzeitig geschafft hat.

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