Versuchter Mord:Sechs Jahre Haft für Geisterfahrerin

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Auto als Waffe: Weil sie absichtlich in falscher Richtung auf die Autobahn gefahren ist, muss eine 46-Jährige sechs Jahre in Haft. Ein Münchner Gericht wertet ihre Fahrt als versuchten Mord. Doch wenn die Frau freikommt, darf sie wieder hinters Steuer.

Von Christian Rost

Eine Geisterfahrerin ist am Montag wegen versuchten Mordes in fünf Fällen zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Das Landgericht München II sah es als erwiesen an, dass die alleinerziehende Mutter am 21. November 2012 absichtlich in falscher Richtung auf die Autobahn A 94 gefahren war, um sich umzubringen. Sie habe ihren Pkw "wie eine Waffe verwendet" und bewusst die Arg- und Wehrlosigkeit anderer Verkehrsteilnehmer ausgenutzt, sagte der Vorsitzende des Schwurgerichts, Martin Rieder. Vor dem Urteilsspruch hatte die Frau nach langem Leugnen doch noch ein Geständnis abgelegt.

Die Frau war in der Morgendämmerung bei Regen und schlechter Sicht an der Anschlussstelle Hohenlinden auf die Autobahn Richtung Passau gefahren. Noch auf dem Beschleunigungsstreifen wendete sie ihr Fahrzeug und setzt ihre Fahrt mit 80 bis 100 Stundenkilometer in Richtung München fort. Drei Personen- und zwei Lastwagen konnten der 46-Jährigen im letzten Moment ausweichen. Teilweise hätten sich Autofahrer hinter Lastern "versteckt", um nicht mit der Geisterfahrerin zu kollidieren, so der Staatsanwalt.

Ein Sattelzug aus Österreich krachte dann trotz einer Vollbremsung gegen den Wagen der Angeklagten. Der Lkw-Fahrer erlitt einen Schock, an seinem Fahrzeug entstand ein Schaden von knapp 45.000 Euro. Die Frau erlitt mehrere Prellungen. Sie stieg aus ihrem Auto aus und rief: "Ich will nicht mehr in die Klapse." Dann versuchte sie, auf die Gegenfahrbahn zu rennen, wobei sie andere Verkehrsteilnehmer nur mit Mühe zurückhalten konnten.

Die Frau hat seit mehreren Jahren psychische Probleme, nimmt deshalb Medikamente ein und musste auch schon stationär behandelt werden. Als sie 16 Jahre alt war, hatte sich ihre Mutter das Leben genommen. Die Geisterfahrt bestritt sie zunächst.

Nach einem Streit mit ihrem Lebensgefährten am Vorabend habe sie sich nach einer eigenen Wohnung für sich und ihre beiden Kinder umsehen wollen. Auf dem Weg zu einem Besichtigungstermin in Ottobrunn sei ihr auf der Autobahn erst nach dem zweiten oder dritten Fahrzeug, das auf sie zukam, bewusst geworden, dass sie in falscher Richtung fahre.

"Ich wollte mich nicht umbringen", sagte sie. Vor den Plädoyers - die Staatsanwaltschaft forderte sieben Jahre und neun Monate Haft, die Verteidigung eine "angemessene" Strafe - gab sie dann aber doch zu, in Suizidabsicht auf die Autobahn gefahren zu sein. Sie habe nur noch "ich, ich, ich" im Kopf gehabt.

Das Gericht entzog ihr den Führerschein für die Dauer von vier Jahren. Die Anklage hatte eine lebenslange Führerscheinsperre gefordert.

© SZ vom 30.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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