Versand von Lebensmitteln:Wenn der Supermarkt nach Hause liefert

Versand von Lebensmitteln: Oliver Germek von Mensch & Natur setzt auch auf das Online-Geschäft.

Oliver Germek von Mensch & Natur setzt auch auf das Online-Geschäft.

(Foto: Catherina Hess)
  • Immer mehr Händler bringen Lebensmittel direkt vor die Haustür. Der Handelsverband Bayern schätzt, dass alle Anbieter zusammen in München etwa 40 Millionen Euro Umsatz erzielen - pro Jahr.
  • Seit kurzem gibt es auch einen Online-Bio-Lieferservice für München.
  • Das rechnet sich für die meisten noch nicht, doch die Unternehmen sehen es als Investition in die Zukunft.

Von Franz Kotteder und Katja Riedel

Ist das überhaupt korrekt? Sich biologische Lebensmittel aus der Region liefern zu lassen? Ist das echt ökologisch? Oliver Germek sieht keinen Widerspruch. Der Geschäftsführer der kleinen Münchner Öko-Firma Mensch & Natur sagt: "Die meisten unserer Kunden leben in Stadtrandgebieten, wo man sonst auch mit dem Auto zum Einkaufen fährt. Wenn wir dort ausliefern, ist das für die Kohlendioxidbilanz sogar besser, als wenn jeder für sich mit dem Auto zum Einkaufen fährt."

Mensch & Natur hat vor Kurzem mit seiner Website www.menschundnatur.de einen Online-Bio-Lieferservice für München gestartet. Das Prinzip ist ahnlich wie bei den schon länger im Markt etablierten Ökokisten, die man abonniert und zugleich flexibel anpassen kann. Inhalt ist ein Grundbestand an saisonalem Gemüse, das alle ein oder zwei Wochen ins Haus geliefert wird und bei Bedarf individuell reduziert oder ergänzt werden kann.

Trotzdem: Mit dem Pizza-Service ist das Angebot von Oliver Germek und seinen Mitarbeitern keineswegs zu vergleichen. Ganz so komfortabel, wie es die Werbebotschaft "Regionale Bio-Lebensmittel direkt bis an die Haustür" verspricht, ist die Sache dann doch nicht. Ausgeliefert wird derzeit zum Beispiel nur freitags, und Kunden müssen bis Donnerstagmittag bestellt haben. Zudem wird auch nur im Stadtgebiet sowie in die reichen Vorortgemeinden Pullach und Grünwald geliefert. Rückschlüsse auf die Preise lassen sich daraus aber nicht ableiten: Der Liter Milch kostet nicht mehr als im Bioladen - 1,19 Euro. Ab einem Bestellwert von 40 Euro ist die Lieferung kostenlos, darunter zahlen Käufer pauschal 4,90 Euro zusätzlich.

Wie viele Lebensmittel online bestellt werden

All diese Beschränkungen haben damit zu tun, dass - anders als in vielen europäischen Großstädten - Lieferdienste für Lebensmittel in München noch nicht wirklich ein gutes Geschäft sind. Nur etwa 0,4 Prozent der Lebensmittel, welche die Bayern konsumieren, kaufen sie derzeit im Internet. Der Handelsverband Bayern schätzt, dass alle Anbieter zusammen in München etwa 40 Millionen Euro Umsatz erzielen - im Jahr. Das ist, verglichen mit über das Netz verkauften Fernsehern, Büchern oder Schuhen, verschwindend wenig.

In anderen deutschen Städten sieht es nicht besser aus: Die Deutschen sparen beim Essen, nicht umsonst sind Discounter wie Aldi, Lidl oder Penny ein vorwiegend deutsches Phänomen. Und nirgendwo sind Preiskämpfe so hart, ist das Supermarktnetz so dicht wie in Deutschland. Im Internet bestelltes Obst, Gemüse und Brot nach Hause zu liefern, ist aber teuer - und die Margen sind in Deutschland so gering, dass sich der Handel noch nicht rechnet.

Das, was sich auf dem Münchner Markt dennoch gerade tut, ist also vor allem eine Investition in die Zukunft. Aber wenn Menschen künftig bereit sein werden, mehr Geld für Essen auszugeben, dann in reichen Städten wie München. Sowohl junge Gründer als auch die etablierten Ketten bieten deshalb inzwischen Liefer-Services. Der regionale Anbieter Freshfoods.de hat etwa 5000 registrierte Kunden, er bringt die Einkäufe in seinen grünen Lieferwagen Montag bis Samstag von 9 bis 24 Uhr an die Haustür - innerhalb weniger Stunden und zu einem Wunschtermin.

Welche Unternehmen in München liefern

Die Deutsche Post-Tochter Allyouneed.com liefert wie der Anbieter Mytime per DHL-Paket, also zeitlich verzögert. Und es gibt zahlreiche andere überregionale Anbieter, die ihr Glück in München versuchen, wie etwa food.de. Dallmayr hat einen eigenen Lieferservice für München, und das junge Münchner Start-up-Unternehmen cookbutler.de liefert sämtliche Zutaten zu bestimmten Rezepten bis zur Wohnungstür.

Für alle sind es noch keine Riesengeschäfte. Von der Auslieferung aus großen Lagerhallen können selbst die Online-Abteilungen der Supermärkte nur träumen. Bei Rewe und Edeka zum Beispiel, die jeweils eigene Lieferservices in München eingeführt haben, werden die einzelnen Artikel meist vom Ausfahrer im nächsten Supermarkt zusammengesammelt.

Auch bei Mensch & Natur herrscht keine Goldgräberstimmung: Derzeit hat das Unternehmen etwa 250 Kunden. Aber er wolle ja auch einen ideellen Auftrag wahrnehmen, sagt Geschäftsführer Germek: "Wir verstehen uns auch als ein Marktplatz für Bauern und andere Kleinerzeuger, die sonst keine Chance auf dem Markt hätten." 170 solcher Lieferanten vertritt er, vom Sojabohnenbauern aus Bockhorn bei Erding bis zu den Herrmannsdorfer Landwerkstätten bei Glonn. Das, so Germek, sei ein Statement gegen Monopolisierung und Industrialisierung. Da darf man dann schon mal mit dem Auto ausliefern.

Anmerkung: In einer früheren Version des Textes hieß es, die Ökokiste sei nur als festes Abonnement zu beziehen. Das ist so nicht korrekt - auch hier gibt es flexible Bezugsmöglichkeiten.

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