Verordnung gegen Bettelei:Weniger Beschwerden wegen aggressiver Banden

  • Mit strengen Strafen wollte die Stadt München gegen organisiertes und aggressives Betteln vorgehen. Jetzt zeigt sich: Die Beschwerden gingen tatsächlich um mehr als die Hälfte zurück.
  • Dabei ist Betteln nicht generell verboten. "Stilles Betteln", wie die Stadt es nennt, ist in München erlaubt.
  • Nur in der Fußgängerzone, auf dem Viktualienmarkt und dem Oktoberfest gilt ein absolutes Bettelverbot.

Von Susi Wimmer

Das neue Regelwerk scheint zu greifen: Laut Polizei-Vizepräsident Robert Kopp hat sich die Situation rund um bandenmäßiges und aggressives Betteln "deutlich entspannt": "Dass Passanten von Bettlern angegangen werden, haben wir jetzt nicht mehr." Im August 2014 hatten Stadt und Polizei eine Allgemeinverfügung auf den Weg gebracht, die es dem Kreisverwaltungsreferat erlaubt, gegen uneinsichtige, aggressive Bettler auch Haftstrafen zu verhängen.

Die Zahlen, die Kopp jetzt vorlegt, sind deutlich. Im Frühsommer 2014 wurden Polizisten teilweise bis zu 350 Mal im Monat von Geschäftsleuten, Passanten oder Touristen zu Hilfe gerufen, weil sie sich von Bettlern belästigt oder sogar bedroht fühlten. Seit Einführung der neuen Verordnung haben sich diese Zahlen um mehr als die Hälfte dezimiert.

Grundsätzlich ging es bei der Allgemeinverfügung nicht darum, das Betteln generell zu verbieten. "Stilles Betteln", wie die Stadt es nennt, ist in München erlaubt. Nur in der Fußgängerzone, auf dem Viktualienmarkt und dem Oktoberfest gilt ein absolutes Bettelverbot. Stadt und Polizei ging es darum, organisierte Bettlerbanden oder aggressives Bettlen zu unterbinden.

Am 12. August 2014 trat die Allgemeinverfügung in Kraft, seitdem hat die Polizei etliche Handzettel in der Fußgängerzone und rund um den Hauptbahnhof verteilt. Auf ihnen wird den Bettlern in mehreren Sprachen mitgeteilt, was verboten ist. Bei Zuwiderhandlung kann die Polizei Platzverweise aussprechen oder Bußgelder verhängen.

Bei mehreren Verstößen droht Haft

Die Betroffenen werden dem Kreisverwaltungsreferat gemeldet. Wer sich mehrmals den Platzverweisen widersetzt oder die Geldbußen nicht bezahlt, dem droht eine Ersatzzwangshaft von bis zu vier Wochen. Das sei aber "die Ultima Ratio", hatte KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle bei der Einführung der neuen Regelung gesagt.

Kurioserweise erwies sich die "Ultima Ratio" für einen rumänischen Bettler als Rettung, wie er selbst sagte: Der Mann war am 7. Oktober 2014 an der Westenrieder Straße nach einem dritten Platzverweis in Gewahrsam genommen worden. Ein Richter schickte den Mann hinter Gitter. Dort blieb er allerdings nicht lange. Man erkannte seine Alkoholsucht und brachte ihn zum Entzug in eine Klinik. 14 Tage später wurde er entlassen.

Und wieder 14 Tage später traf er zufällig auf eine Polizeistreife, die ihn kannte, wie Kopp erzählt. Der Rumäne soll sich bei den Beamten bedankt haben, der Entzug sei seine Rettung gewesen, jetzt habe er sogar einen Job als Autowäscher. "Wenn ich so weiter gemacht hätte, hätte ich den Winter nicht überlebt", soll er gesagt haben.

Ob alle Bettler von der neuen Verordnung so begeistert sind, sei dahingestellt. Wie wirkungsvoll sie tatsächlich ist, wird sich wohl erst mit den steigenden Außentemperaturen zeigen.

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