Verkehrswege:Die öffentliche Hand muss helfen

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Zu steil: Für viele Bürger ist der Zugang zur Fußgängerbrücke alles andere als barrierefrei. (Foto: Renate Winkler-Schlang)

Die Rampe, die zur Fußgängerbrücke über die Ständlerstraße führt, ist so steil, dass sie mit Rollstuhl oder Kinderwagen nicht zu bewältigen ist. Nach Protesten der Anwohner gibt es nun eine flachere Lösung, die je zur Hälfte vom Investor und der Stadt bezahlt wird

Von Renate Winkler-Schlang, Neuperlach

Angelika Gröbel, Neuperlacherin seit 1969, ist eine Frau, die gerne die Hände nimmt, um ihre Rede zu unterstreichen. Sie hebt ihre Rechte nahezu gerade nach oben: So steil sei die Brücke, die man überwinden müsse, um vom sogenannten Vierschanzenhaus zur Fußgängerbrücke über die Ständlerstaße zu kommen. Trotz eingebauter Mini-Rampe viel zu steil für Rollifahrer, beim Schieben eines Kinderwagens nach unten rutsche das Kind fast heraus. Auch ein Rad könne man hier eigentlich nur tragen, nicht schieben. Sie fasst sich an den Kopf. Verursacht habe die Situation der Bauträger Zima, der diesen Neubau an der Stelle des früheren Plett-Zentrums an der Albert-Schweitzer-Straße tiefer angelegt hatte als den Vorgängerbau.

Die Stadt habe nicht etwa umgehend dafür gesorgt, dass diese neue steile Treppe flacher angelegt werde, nein, sie habe sie erst sperren und später ein Warnschild aufstellen lassen: "Achtung, steile Treppenanlage." "Lustig, oder?", sagt Angelika Gröbel verbittert. Ihr Mann Karl und Nachbarin Christl Magnus pflichten ihr nickend bei. Zynischerweise habe der Freistaat unweit ausgerechnet "Bayern barrierefrei" plakatiert, ergänzt Christl Magnus.

Weil die Bürger nicht locker ließen, wird nun, endlich, eine flache Rampe seitlich an die Treppe angedockt. Das könnte sie freuen. Doch Angelika Gröbel ist auch eine kritische Steuerzahlerin. Als solche kann sie nicht verstehen, warum nun die Hälfe der Kosten dafür die Stadt übernimmt - und damit zu einem Bruchteil auch sie. "Das kostet doch sicher ein schönes Geld", sagt sie. Die Lage sei ihrer Meinung nach klar, es gebe die DIN 18040-3, die einen Bauherrn zu barrierefreiem Bauen verpflichtet. Im Übrigen seien in Neuperlach auch eingezäunte Spielplätze bisher verpönt, der von der Zima aber habe einen Zaun und ein fast immer verschlossenes Tor. Kinder sehe man da so gut wie nie. Und dann habe die Zima auch noch versprochen, die alte, in den Boden eingelassene Sonnenuhr aus Granit, geschaffen 1970 von Blasius Gerg und im früheren Plett-Zentrum ein beliebter Treff, einzulagern und wiederaufzustellen. Was nicht geschehen sei. Ohne Konsequenzen: Als Bürgerin ärgere sie sich über diese "genzenlose Nachsicht" seitens der Stadt.

Das Baureferat erklärt, die Zima habe sich nach dem Neubau "nicht verpflichtet gefühlt", den Anschluss an die Brücke barrierefrei herzustellen, und habe sich dabei auf Bestandsschutz berufen. Zudem sei für die neue Rampe nur auf öffentlichem Grund Platz gewesen, so Sprecherin Dagmar Rümenapf.

Letzteres sieht Frau Gröbel ein, denn sie denkt mit: Auf dem Grundstück würde die Rampe den Rettungsweg blockieren. Rümenapf beziffert auch noch die Kosten der Rampe: 470 000 Euro, macht 235 000 Euro an Kosten für die Stadt. Rümenapf teilt mit, was Frau Gröbel auch schon als Antwort in der Post hatte: "Aus Sicht der Stadt ist diese Lösung einem langwierigen und kostenaufwendigen Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang vorzuziehen." Die Zima Immobilienentwicklung GmbH hat nichts hinzuzufügen. Sprecher Kai-Uwe Feldmann bittet, nach Rücksprache mit Geschäftsführer Manfred Senff, um Verständnis, "dass wir zu vertraglichen Angelegenheiten mit der Landeshauptstadt München keine Auskunft erteilen können". Und weiter: "Anstelle der skulpturalen Sonnenuhr ist im Zuge der Planung unserer Wohnanlage nun ein Kinderspielplatz entstanden. Die Ausführung entspricht selbstverständlich der von der Genehmigungsbehörde genehmigten Planung."

Zufriedenstellend finden die drei Neuperlacher diese Antworten nicht, vor allem an der städtischen hegen sie Zweifel: Wieso solle ein Rechtsstreit nötig sein, um die Behebung eines Baufehlers durchzusetzen? Schließlich gebe es auch von Anfang an das schöne Konzept, wonach man Neuperlach auto- und barrierefrei queren könne, so die Bürgerin Gröbel: "Da geht es ums Prinzip", sagt sie und hebt den Zeigefinger. Sie will dranbleiben. Stufe für Stufe.

© SZ vom 30.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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