(SZ vom 23.08.2000) - Vielen Münchnern gelten sie als Patentlösung, wenn vom Ring-Ausbau die Rede ist: Tunnel - am besten möglichst viele und möglichst lange.
Tunnel am Mittleren Ring waren der Auslöser des ersten Bürgerentscheids auf kommunaler Ebene - und auch sein Ergebnis.
2002 soll die Röhre am Petuelring fertig sein, bis spätestens 2011 folgen Richard-Strauss-Straße und Luise-Kiesselbach-Platz.
Und vielleicht geht es dann noch weiter. Langfristig, so die Studie zum Mittleren Ring, sollte über drei zusätzliche Tunnel zumindest nachgedacht werden: an der Tegernseer Landstraße, an der Landshuter Allee und auf Höhe Englischer Garten.
Dabei betrachten die Planungs-Experten die finsteren Betonbunker keinesfalls als oberstes Ziel. Nur in den seltensten Fällen verschwinden die Autos komplett im Untergrund. Oft bleibt die Oberfläche laut und von Tunnel-Rampen entstellt.
Negativbeispiel Luise-Kiesselbach-Platz
Negativbeispiel ist der Luise-Kiesselbach-Platz: Heute rollen täglich 120.000 Autos vorbei, nach Bau des Tunnels wird mit je 84.000 gerechnet - sowohl im Tunnel als auch an der Oberfläche. Für eine Picknick-Idylle oder einen urbanen Treffpunkt ist das immer noch viel zu viel Verkehr.
Vierspurige Straßen bleiben auch an der Richard-Strauss-Straße und dem westlichen Petuelring bestehen - mit 22.000 und 26.000 Autos je Tag. Auch die Landshuter Allee ist durch die zwischen 1976 und 1979 gebauten Unterführungen nicht Liegestuhl-tauglich geworden.
Inzwischen ist an der Oberfläche wieder ebenso viel los wie vor dem Tunnel-Bau - wegen der großen Querstraßen.
Dennoch sollte, so die Studie, über eine Verlängerung des Tunnelsystems nach Norden nachgedacht werden.
Eine durchgreifende städtebauliche Verbesserung sei zwar nicht zu erwarten - doch ist die Zahl der Anwohner an dieser Stelle Ring-Rekord.
Tegernseer Landstraße
Nummer Zwei in der Anwohner-Statistik nimmt die Tegernseer Landstraße ein, die ebenfalls Tunnel-Kandidatin ist. An dieser Stelle klingt alles sehr einfach und billig: Deckel zu bis zum McGraw-Graben, und schon ist der Candidtunnel ein Stückchen länger.
Nachteil: Das Stückchen ist nicht lang genug. Schon auf Höhe St.-Quirin-Platz verlässt der Ring den McGraw-Graben - die Oberfläche des kurzen Tunnel-Abschnitts wäre durch Auf- und Abfahrtsrampen völlig verbaut.
Diese Lösung erscheint den Planern deshalb nur realistisch, wenn man den Ring auf Höhe Chiemgaustraße teilt - dann wären die Tunnelrampen geschickter verteilt.
Allerdings gibt es auch Ideen, die Wohnhäuser durch eine vorgehängte Glasfassade zu dämmen.
Wiedervereinigung des Englischen Gartens
Gar keine Autos mehr - dieser alte Tunnel-Traum wird nur an zwei Stellen Realität: zwischen Belgrad- und Leopoldstraße (Petueltunnel) sowie zwischen Höglwörther und Passauerstraße (Heckenstallertunnel).
Eine dritte könnte hinzukommen: Eine Untertunnelung des Isarrings auf Höhe Englischer Garten beschert zwar keinem einzigen Anwohner ruhigere Nächte - sie böte aber die Chance, den 1937/38 zerteilten Park wieder zu vereinen.
Der Petuelring, von 2002 an mit Tunnel ausgestattet, gehört hingegen weder in puncto Verkehrsbelastung noch bei der Zahl der Anwohner zu den Ring-Spitzenreitern.
Nach Ansicht der Experten hätten kurze Unterführungen an den wichtigsten Kreuzungen ausgereicht. Jetzt sollen zumindest zusätzliche Wohnhäuser gebaut werden - damit mehr Anwohner von der neuen Grünanlage profitieren können.