Verkehr:Tempo 30 auf der Rosenheimer Straße soll noch im Frühjahr kommen

Lesezeit: 3 min

So überraschend sich das Rathaus darauf geeinigt hat, die Geschwindigkeit zu beschränken, so schnell soll die Idee nun Wirklichkeit werden. Fragen und Antworten.

Von Heiner Effern, Johannes Korsche und Andreas Schubert

Wenn es nur so einfach wäre: Einfach Schilder aufstellen - und schon müssen alle langsamer fahren. Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) hat allerdings schon beim Innenministerium abgeklopft, inwiefern es möglich ist, in der Rosenheimer Straße ein Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde einzuführen. Vom Tisch wäre damit der Plan, auf beiden Seiten je einen Radweg zu bauen. Für KVR-Chef Thomas Böhle ist der Tempo-30-Versuch, wie er sagt, "eine sinnvolle Regelung, die auch Fußgänger und den motorisierten Individualverkehr entsprechend berücksichtigt". Dennoch waren am Montag noch ein paar Fragen offen.

Ist Tempo 30 in der Rosenheimer Straße überhaupt rechtlich zulässig?

Durchaus, teilt das KVR mit. Die Rosenheimer Straße sei eine "örtliche Hauptverkehrsstraße mit maßgebender Verbindungsfunktion". Deshalb gilt dort Tempo 50. Das auf 30 zu reduzieren, wäre zunächst ein Verkehrsversuch "zur Erprobung geplanter verkehrsregelnder Maßnahmen". Eine solche käme in der Rosenheimer Straße nach Abstimmung mit dem bayerischen Innenministerium in Frage. Wenn sie städtebaulich begründet wird, etwa mit der Förderung des Radverkehrs. Eine klassische Tempo-30-Zone einzurichten, ist laut KVR nicht möglich - dazu fehlten die rechtlichen, örtlichen und baulichen Voraussetzungen.

Kompromiss
:Auf der Rosenheimer Straße soll künftig Tempo 30 gelten

Für Radler soll der Abschnitt zwischen Orleansstraße und Rosenheimer Platz damit deutlich sicherer werden - ganz ohne Radweg.

Von Thomas Anlauf und Heiner Effern

Gibt es im Stadtgebiet eine vergleichbare Hauptverkehrsstraße, wo bereits Tempo 30 gilt?

Laut KVR gibt es in München bisher keine Straße mit einer ähnlichen Verkehrsbedeutung, in der Tempo 30 gilt. Zumindest nicht auf einer ähnlichen Distanz. In der Rosenheimer Straße soll das Tempo 30 zwischen der Orleansstraße und dem Rosenheimer Platz gelten, also auf etwa 600 Metern Länge.

Muss die Rosenheimer Straße umgestaltet werden?

Für die Geschwindigkeitsbeschränkung selbst sind laut Kreisverwaltungsreferat keine Umbauten notwendig. Es befürwortet allerdings, unabhängig davon die derzeit bestehenden Radweg-Enden stadtauswärts an der Balanstraße und stadteinwärts nach der Orleansstraße umzubauen, damit einfädelnde Radfahrer sicherer sind.

Bis wann soll das Tempo 30 eingeführt werden?

Man müsse sich noch mit Planungs- und Baureferat abstimmen, teilt das KVR mit. Sodann sei der Stadtrat mit der Angelegenheit zu befassen. Ziel ist das erste Halbjahr 2017.

Wird die Straße wirklich so viel sicherer?

Aus Sicht von Martin Glas, dem Münchner Vorsitzenden des Fahrradklubs ADFC, ist das Tempolimit "fraglos besser als vorher, wenn es eingehalten wird". Grundsätzlich sei die Gefährdung natürlich geringer je niedriger das Tempo sei. Richtig zufrieden könnten die Radfahrer mit der Lösung aber nicht sein; besser wäre gewesen, eine Autospur komplett zu streichen zugunsten einer Radspur. Die hätte zumindest den Vorteil geboten, dass man problemlos am Autostau vorbeifahren könne.

Warum kommt trotz jahrelanger Planung von Radwegen nun eine Lösung mit Tempo 30?

Die große Stadtpolitik konnte am Montag selbst kaum fassen, was passiert ist. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) brachte die Idee völlig überraschend in die gemeinsame Mittagsrunde mit Bürgermeister Josef Schmid (CSU) und den Fraktionschefs ein. Gewissermaßen als letzte Chance, denn die Stadt wollte die wenig geliebte Variante mit zwei sehr schmalen Radwegen in Kürze zu bauen beginnen. Reiter war nach eigener Aussage ziemlich überrascht, wie schnell die nach ihrer Aussage auch überraschte CSU Gefallen an Tempo 30 fand. Und schon war sich das Rathausbündnis einig, in rekordverdächtiger Geschwindigkeit.

Was sagen die Stadtteilpolitiker?

Die Haidhauser Bezirksausschuss-Vorsitzende Adelheid Dietz-Will (SPD) zeigte sich überrascht und erfreut über den Kompromiss der großen Koalition: "Ich bin wirklich glücklich, dass die Rosenheimer Straße Tempo 30 wird." Das sei auch auf die jahrelangen Forderungen und die Arbeit des Bezirksausschusses zurückzuführen. Für sie soll das aber nur der erste Schritt bei der Umgestaltung der Einfallstraße sein. "Wir müssen weiter am Ball bleiben und zum Beispiel die kaputten Bäume ersetzen." Ihr Stellvertreter Andreas Micksch (CSU) sieht die Entscheidung nicht so positiv. "Man muss den Autoverkehr schon grundsätzlich ermöglichen." Micksch befürchtet, dass sich auf der Rosenheimer Straße durch Tempo 30 mehr Staus bilden könnten und sich der Autoverkehr auf andere Straßen im Viertel verlagert.

Wird die Abgasbelastung durch Tempo 30 niedriger?

Diese Frage lässt sich pauschal nicht beantworten, wie verschiedene Studien zeigen. Das hängt von diversen Faktoren ab, etwa der Beschaffenheit der Straße (Steigung oder Gefälle), dem Verkehrsaufkommen und dem Gasfuß der Autofahrer. Eine Studie des Landesamts für Umwelt in Baden-Württemberg etwa zeigt: Bei Stickoxiden sei die Wirkung von Tempo 30 tendenziell positiv, bei Feinstaub und Verbrauch zum Teil sogar leicht negativ, aber nicht immer. Man müsste in den Münchner Straßen eigene Messungen vornehmen.

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Schnee
:Selten wird die Privilegierung von Autofahrern so offensichtlich wie derzeit

Wer die schlecht geräumten Radwege anschaut, fragt sich, woher der selbst erhobene Titel Radlhauptstadt rührt.

Kommentar von Nina Bovensiepen

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: