Verkehr:Enttäuscht vom zweiten Versuch

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Der neue Lösungsansatz des Baureferats zur Umgestaltung der Rosenheimer Straße stößt auf harsche Kritik von Verbänden und Lokalpolitikern. Der Entwurf wird im Herbst bei einer Einwohnerversammlung vorgestellt

Von Johannes Korsche, Haidhausen

Es war eine kaum lösbare Aufgabe, die der Stadtratsbeschluss vom Juli 2015 der Verwaltung gestellt hatte: Es sollen Radwege auf der Rosenheimer Straße zwischen Rosenheimer Platz und Orleansstraße angelegt werden - allerdings unter Erhalt der vier bestehenden Fahrspuren für Autos. Das führte im ersten Anlauf zur sogenannten Schmalspur-Lösung, die nach Sicherheitsbedenken des Kreisverwaltungsreferats (KVR) zurückgezogen wurde. Den am Donnerstagabend präsentierten Entwurf könnte man nun als "Schmalgehweg-Lösung" bezeichnen: Die Belange der Autofahrer genießen Vorrang vor denen der Fahrradfahrer, konkret heißt das: Fußgänger müssen sich mit einem stellenweise deutlich schmaleren Gehweg zufrieden geben. "Wir haben versucht, aus den Vorgaben das Beste herauszuholen", sagt Horst Schiller, im Baureferat für den Straßenunterhalt zuständig. Die Behörde rechnet mit Umbaukosten in Höhe von 5,2 Millionen Euro.

Der Entwurf ist der zweite Versuch, alle Interessen auf dem etwa 550 Meter langen Teilstück der Rosenheimer Straße unter einen Hut zu bringen - und dabei die Sicherheit der Radfahrer zu gewährleisten. Der erste Entwurf hatte Autospuren von 2,85 Metern und Radwege von 1,50 Metern Breite vorgesehen. Beide bekommen nun mehr Platz: Autos drei und Radler zwei Meter, zumindest prinzipiell. Denn wenn sich eine Parkbucht am Fahrbahnrand befindet, ist ein gesetzlicher Mindestabstand von einem halben Meter für sich öffnende Autotüren vorgeschrieben. Dieser wird bei den künftig nur mehr 40 Stellplätzen - bisher sind es 80 entlang der Rosenheimer Straße - auf Kosten des Radweges eingehalten. Deswegen schrumpft er stellenweise auf 1,50 Meter. Auch der Gehweg, derzeit etwa drei Meter breit, verschmälert sich an diesen Stellen auf 1,60 Meter. Wird nicht geparkt, bleiben den Fußgängern dafür 3,60 Meter.

Sollten die Pläne den Bezirksausschuss Au-Haidhausen und den Stadtrat passieren, bliebe entlang der Rosenheimer Straße kein Stein auf dem anderen. Selbst im Untergrund müssten auf der gesamten Strecke Rohre und Kabel neu verlegt werden, 20 Bäume müssten den Plänen weichen. Dafür sollen 18 Bäume nachgepflanzt werden. Die Bauzeit werde daher sicherlich länger als ein Jahr dauern, sagt Behördenmitarbeiter Schiller. Eine finanzielle und logistische Kraftanstrengung für eine Lösung, die Mitglieder des Bezirksausschusses und Vertreter von Umweltverbänden nicht so ganz überzeugt.

Zwar holt der Entwurf "das Optimale heraus", sagte Adelheid Dietz-Will (SPD), Vorsitzende des Bezirksausschusses Au-Haidhausen. Doch die Vorgaben des Stadtrats entsprächen "einer Verkehrspolitik, die überholt ist". Man hole die Autos auf diese Weise in die Stadt, führe die Autobahn A 8 von Rosenheim kommend direkt zum Marienplatz. Sie befürchtet, dass durch den Entwurf das ungehinderte Rasen der Autos begünstigt wird, was die Sicherheit der Radfahrer noch mehr gefährden könnte als es derzeit auf der Rosenheimer Straße der Fall ist. Ullrich Martini (Grüne), Vorsitzender des Unterausschusses Umwelt- und Verkehr im BA, ist "nicht glücklich" mit der Planung. Außerdem bezweifelt er, dass die Sicherheit der Radfahrer dadurch erhöht wird, vor allem weil er "40 legale und 50 illegale Parkplätze" sieht, die zu gefährlichen Ausweichmanövern der Radler führen könnten. Zudem müsse der Lieferverkehr bedacht werden, finden die BA-Mitglieder. Umweltverbände, konkret Bund Naturschutz, Green City, Fuss e. V., Verkehrsclub München und der Allgemeine Deutsche Fahrradclub München, sowie die Stadtratsfraktion der Grünen gehen in ihrer Kritik deutlich weiter. Sie sehen darin vor allem einen Rückfall in das "Zeitalter der autogerechten Stadt" der darüber hinaus noch "hohe Kosten" verursache. Ihre Forderung: Tempo 30 auf der Rosenheimer Straße.

Der vorgestellte Entwurf wird im September bei einer Einwohnerversammlung des Bezirksausschusses behandelt. Das Baureferat befasst sich dann mit Änderungswünschen, bevor der Stadtrat erneut abstimmt. Erst dann beginnen die Bauarbeiten. Karl Höferle, Leiter des Tiefbaus im Baureferat, erwartet den Baubeginn, "wenn alles gut läuft, allerfrühestens irgendwann 2017". Bis dahin müssen Radfahrer auf der Rosenheimer Straße also weiterhin besonders umsichtig sein.

© SZ vom 23.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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