Verkehr:Der Fahrplan zum 10-Minuten-Takt

Vor zwei Jahren wurde ein 520-Millionen-Programm beschlossen - jetzt endlich beginnen die Bauarbeiten

Dominik Hutter

(SZ vom 06.03.2001) - Die Tinte müsste inzwischen trocken sein: Als Verkehrsminister Otto Wiesheu und der frühere Bahn-Chef für Bayern, Peter Lisson, den Vertrag über das 520-Millionen-Programm unterschrieben, stand der 28.Dezember 1998 im Kalender. Seitdem warten die Fahrgäste vergeblich auf sichtbare Fortschritte bei der Umsetzung des größten Investitionsprogramms seit dem S-Bahn-Start im Mai 1972.

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(Foto: (SZ-Grafik))

Mehrmals schon hat Wiesheu gemahnt - nun ist es so weit: Mehr als zwei Jahre nach Vertragsabschluss beginnen auf dem Südast der Linie S2 die Bauarbeiten.

Wenn das umfangreiche Paket im Jahr 2005 komplett umgesetzt ist, kann die S-Bahn auf fünf "Außenästen" im Zehn- Minuten-Takt rollen.

Für die lange Wartezeit gibt es unterschiedliche Gründe. Lieblings-Erklärung der Bahn ist die durchaus einleuchtende These, dass Ausbaumaßnahmen erst geplant und genehmigt werden mussten.

"Man kann nie genau vorhersagen, wie lange ein Planfeststellungsverfahren dauert", meint dazu Bahn-Sprecher Horst Staimer.

Allerdings kam auch noch anderes hinzu: So hat man erst nach einiger Zeit festgestellt, dass ein im S-Bahn-Tunnel geplantes neues Signalsystem nicht mit der alten Stellwerkstechnik kombiniert werden kann. Die Folge: Das Stellwerk wird komplett erneuert.

115Millionen Mark und einiger Planungs-Aufwand müssen zusätzlich eingebracht werden - statt wie vorgesehen im Jahr 2002 kann man die Kapazität der zweigleisigen Röhre erst im Herbst 2004 erhöhen.

Der erste Spatenstich für den zweigleisigen Ausbau zwischen Giesing und Deisenhofen musste gleich mehrfach verschoben werden - erst mangelte es bahn-intern an der Abstimmung, dann empfahl die Baufirma, wegen des nahenden Winters zu warten.

Die Fahrgäste der S2-Nord hingegen haben die verspätete Einführung des Zehn-Minuten-Taktes ihren Nachbarn zu verdanken. Weil einige Anwohner Einwände gegen die Umbau-Arbeiten vorgebracht haben, ist die S2 Schlusslicht im 520-Millionen-Programm: Start im Jahr 2005.

Immerhin steht der Fahrplan zum Zehn-Minuten-Takt inzwischen fest: Erster Kandidat ist die S8-West bis Maisach - Ende 2002 geht es los. Als nächstes wird die S2-Süd bis Deisenhofen verstärkt. Da allerdings bis dahin die Stammstrecke noch nicht ausgebaut ist, ist erst einmal am Ostbahnhof Schluss - im Tunnel herrscht ohnehin ein Zwei- bis Drei-Minuten-Takt.

Im Jahr 2004, dem ursprünglich anvisierten Fertigstellungstermin des gesamten 520- Millionen-Pakets, kommt die S5 auf der Strecke Weßling-Innenstadt-Grafing/ Zorneding an die Reihe.

Wie es dann weitergeht im Münchner S-Bahn-Netz, ist noch nicht entschieden.

Zunächst sollen bis 2004 sämtliche alten S-Bahn-Waggons von den Schienen verschwunden sein. 133 der modernen klimatisierten Züge sind bis Herbst diesen Jahres angekündigt, elf weitere steuert der Freistaat bis 2002 bei - diese Garnituren sind im 520-Millionen-Paket enthalten. Bei den 90 noch fehlenden laufen Verhandlungen mit dem Freistaat. Die Bahn hat bereits mehrmals klar gemacht, dass sie die Kosten alleine nicht übernehmen kann. Jeder S-Bahn-Kurzzug kostet gut sechs Millionen Mark.

Wahrscheinlichste Kandidaten für das nächste Ausbauprogramm sind die S4 und die S6-Ost. Die Strecke nach Geltendorf wird bereits untersucht.

Bislang ist Wiesheu der auf 400 Millionen Mark geschätzte Ausbau zu teuer - irgendwo muss eingespart werden. Die S6 ist bis Markt Schwaben gemeinsam mit dem Fernverkehr Richtung Mühldorf/Freilassing unterwegs - über diese Strecke wird daher auf Bundesebene beraten.

Wiesheu hat "München-Mühldorf" für die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans angemeldet, die Bahn hofft auf Geld aus den UMTS-Erlösen.

Mit dem heutigen ersten Spatenstich des 520-Millionen-Programms soll der Engpass der S2-Süd zwischen Giesing und Deisenhofen beseitigt werden. Die Strecke ist nur eingleisig, ein weiterer Schienenstrang daher notwendig. Dazu kommt der Umbau von Stationen, Unterführungen und Bahnübergängen. 120 Millionen Mark werden verbuddelt.

Das Nadelöhr des gesamten S-Bahn-Netzes, die Stammstrecke zwischen Pasing und Ostbahnhof, muss für den Zehn-Minuten-Takt "aufgeweitet" werden - das passiert nicht per Schaufelbagger, sondern durch Einführung eines verbesserten Signalsystems. Sobald die Lokführer "auf elektronische Sicht" fahren können, haben stündlich in jeder Fahrtrichtung 30 Züge Platz.

Heute ist bei 24 Schluss. Das neue Stellwerk ist so ausgelegt, dass es zusätzlich den Verkehr auf einer zweiten Stammstrecke steuern kann - die Machbarkeitsstudie über die Frage "Tunnel oder Südring" soll im März vorliegen.

Ohne zweite Innenstadt-Querung kann der Zehn-Minuten-Takt nicht auf weitere Linien außerhalb des 520-Millionen-Pakets ausgedehnt werden - mehr Verkehr ist im Tunnel einfach nicht unterzubringen. Die Stammstrecke soll 2003 ertüchtigt sein.

Engpässe gibt es auch noch rund um den Ostbahnhof - Bauzeit von Frühjahr 2003 bis Herbst 2004: Das jetzt noch von Fern- und Regionalzügen genutzte Gleis5 wird der S-Bahn zugeschlagen.

Da künftig nicht mehr 211, sondern 234 S-Bahn-Fahrzeuge benötigt werden, müssen zudem die Abstellanlage in Steinhausen und die Wendeanlage östlich des Ostbahnhofs erweitert werden.

Und weil mehr Züge auch mehr Energie benötigen, wird zwischen Frühjahr 2001 und Herbst 2003 in den Unterwerken Pasing und Ostbahnhof an der Optimierung der Stromversorgung gewerkelt.

Wichtig ist auch die Entwirrung des so genannten S-Bahn-Knotens in Berg am Laim (Sommer 2001 bis Frühjahr 2003). Dort sind S5, S6 und der Fernverkehr auf denselben Gleisen unterwegs - eine Umfahrung muss her.

Der Abschnitt Obermenzing-Dachau soll bis 2005 viergleisig werden. Dort verkehrt nicht nur die S-Bahn - über diese Trasse rollt der Nord-Süd- Fernverkehr einschließlich ICE.

Da gleich an mehreren Abschnitten Einwendungen der Anwohner vorliegen, ist erst im Sommer dieses Jahres mit dem Planfeststellungsbeschluss zu rechnen - der Baugenehmigung für Verkehrsprojekte.

Einfacher ist der Ausbau von S8 und S5-West: Die Gleise sind vorhanden, es fehlen lediglich einige Weichen und die Anpassung des Signalsystems. Diese Arbeiten sind schon 2002/2003 abgeschlossen - und damit vor Ertüchtigung des Tunnels.

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