Verhandlung:Der Sternen-Krieg geht weiter

Er dreht sich seit gut fünf Monaten auf dem Hochhaus der DaimlerChrysler-Niederlassung an der Donnersberger Brücke - der umstrittene Mercedes-Stern. Doch wie lange darf er dort oben noch bleiben?

Von Alfred Dürr

Die Stadt misst der heutigen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sehr grundsätzliche Bedeutung bei. "Jetzt geht es ums Eingemachte", heißt es im Planungsreferat.

Warum wird in München der Sternen-Krieg mit einer solchen Verbissenheit und über einen so langen Zeitraum hinweg geführt? Viele Bürger können den Streit über die Frage, ob das Mercedes-Symbol vom Dach des neuen Hochhauses an der Donnersbergerbrücke leuchten darf, kaum noch nachvollziehen. "Hat die Stadt keine anderen Sorgen?", heißt es beispielsweise; von einer "Provinzposse" ist in Leserbriefen die Rede.

Für den Vizechef des städtischen Planungsreferats, Wolfgang Roggel, geht es um eine Angelegenheit von grundsätzlicher Bedeutung: Die Silhouette werde durch Werbung auf Hochhäusern "empfindlich gestört", der Stern könne sich als Bezugsfall für "Begehrlichkeiten in gleichgelagerten Fällen" entwickeln und schließlich werde mit der Genehmigung des Symbols durch die Regierung von Oberbayern das verfassungsmäßig garantierte Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde missachtet und die Planungshoheit der Kommune eingeschränkt.

Mitte Dezember vergangenen Jahres war es zum Eklat gekommen. Die Aufsichtsbehörde Münchens, die Regierung von Oberbayern, hatte den Stern gegen den Willen der Stadt genehmigt. Die Interessen von DaimlerChrysler vertritt der Anwalt Peter Gauweiler. Die Stadt habe gegen Bauordnungsrecht verstoßen, so sein Argument. Kaum war der Bescheid ergangen, da rückten die Montage-Arbeiter an und schufen innerhalb kürzester Zeit vollendete Tatsachen. OB Christian Ude fühlte sich übertölpelt - einen solch "direkten Durchgriff in die Planungshoheit einer Gemeinde" habe es bisher nicht gegeben. Die Stadt beauftragte die Münchner Kanzlei Otto Gaßner und Kollegen, Anfechtungsklage einzureichen. Gaßner, der kommunalpolitisch in Starnberg aktiv ist, gehört zu den Topspezialisten im Bereich des Bauplanungsrechts.

"Wir leisten uns einen großen Aufwand und wir gehen durch die Instanzen, wenn wir heute vor Gericht unterliegen sollten", sagt Stadtdirektor Roggel. Dem Argument, dass der Stern gut auf das Hochhaus passt und dass er eigentlich auch nicht im Stadtbild stört, will er sich keinesfalls anschließen: "Es geht nicht um Geschmacksfragen, es geht um eine Werbeanlage." Und solche auf Hochhausdächern "aufgeständerte" Reklamezeichen will die Stadt niemals dulden.

Wenn Gebäude zunehmend als Sockel für glitzernde Neonwerbung degradiert würden, müsse die Stadt einschreiten und dem Begehren einen Riegel vorschieben. Hinweise darauf, dass es in anderen Städten Mercedes-Sterne auf den jeweiligen Niederlassungen gebe, lässt Roggel nicht gelten. Die Eingriffe in die Silhouetten dieser Städte seien eben nicht so beeinträchtigend wie in München.

Dabei gibt es in der bayerischen Landeshauptstadt eine Reihe von Sündenfällen mit Reklameflächen auf höheren Häusern. Das seien Projekte aus der Vergangenheit, sagt der Verwaltungsmann, heute würden sie mit Sicherheit nicht erlaubt. "Wir wollen das nicht mehr. Eine Gemeinde kann beim Genehmigen eben auch mal den Hebel umlegen."

Im Übrigen verweist Roggel auf die ebenfalls restriktive Genehmigungspraxis für "Überdach-Werbung" auf Hochhäusern in anderen Städten (siehe unten stehenden Artikel). An das Verwaltungsgericht hat der Stadtdirektor ein Bildpaket mit Ansichten der New Yorker Skyline geschickt. Wolfgang Roggel: "Der Richter wird kein einziges Hochhausdach erkennen, auf dem Reklame angebracht ist, nicht einmal beim weltberühmten Chrysler-Building."

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