Veranstaltungstipps: 27.11. bis 3.12.:Die Woche in München

Was geschah in der Nacht vom 25. März 1945 und wie fühlt man sich als Nachwuchsjournalist bei einem Trendmagazin in Manhatten? Die Woche in München verrät es.

7 Bilder

-

Quelle: SZ

1 / 7

Party

Donnerstag: Wumm wumm: Dicke Bässe werden beim "Dubstepper-Abend" in der Roten Sonne aufgefahren. DJ Hatcha vom Londoner Radiosender Rinse FM und Noe Noack bringen die neusten Dubplates mit (22 Uhr, Maximiliansplatz 5). Damenwahl: Beim "Swing Abend" im Cord singt und swingt nach dem Tanzkurs DJ Lace (21 Uhr, Sonnenstraße 18).

Freitag: Goldmedaille: Die "Sportler Party" im Muffatwerk beglückt Sportstudenten und Freunde mit "Partymucke", aufgelegt von DJ Sixkay und Pete da Beat (22 Uhr, Zellstraße 4). Rare und obskure Tanzmusik wählt der Plattenconnaisseur DJ Mister Metro im Pimpernel aus (21Uhr, Müllerstraße 3). Michael Reinboth lässt für den "Labelabend" seiner Plattenfirma Compost DJ James Priestley aus London ins Harry Klein einfliegen (22Uhr, Friendenheimer Straße 10).

Samstag: Ausverkauft: Wer fürs On-3-Festival im BR-Funkhaus keine Karte bekommen hat, kann die 20 Bands wie Satogold, TV On The Radio oder The Ghost Rockets dennoch live hören: im Radio (von 19 Uhr an, BR 2 oder www.br-online.de/on3radio). Die Alternative: Der unberechenbare Jaques Palminger (Studio Braun, Dackelblut) musiziert im Neuen Haus der Kammerspiele; danach legt Hip-Hop-Mâitre DSL auf (21 Uhr, Falckenbergstraße2). Benefiz: Bei der "Nacht der roten Schleifen" im NY Club sammelt man Spenden für die Münchner Aids-Hilfe (22 Uhr, Sonnenstraße 25).

Sonntag: Vorwärts: Heidi Triska stellt im Südstadt ihr neues Neo-Folk-Album "Spring Forward, Fall Back" vor (siehe Seite 11; 20 Uhr, Thalkirchner Straße 29).

Montag: Huch, schon Dezember!

Dienstag: Tiefseetauchen: Tiefsten Deephouse gibt es in der Bank (22 Uhr, Müllerstraße 42).

Mittwoch: Mjunik-Disco: Im Match Club eröffnet "Disco Monaco" mit Tech-House (22 Uhr, Neuhauserstraße47).

Text: Birgit Ackermann Foto: Rebecca Brielbeck

Woche in München

Quelle: SZ

2 / 7

Ausstellung

Nicht echt, aber umso wahrer: Die Galerie Schöttle präsentiert den Kanadier Jeff Wall, einen Meister zeitkritischer Inszenierungen

Der Mann, der an einer Straßenkreuzung in der Peripherie von Vancouver sitzt, scheint hier seit Stunden, Tagen, Ewigkeiten zu verharren. Alles an ihm zeugt von seiner Herkunft: das von der Sonne gegerbte Gesicht, die abgetragenen Stiefel, die alte Jacke. Ein Arbeiter, ein Ausgegrenzter, dem ein Dolch im Rücken zu stecken scheint. Dennoch wirkt er gelassen. Auf dem Hügel über den Industriezonen der Stadt hat der Fotograf ihn zum einzigen Denker, zum Philosophen im Gewirr der kapitalistischen Zeitläufte geadelt.

"The Thinker" nimmt Bezug auf Rodins "Denker" und auf Dürers Entwurf zu den gescheiterten Bauernaufständen ("Die Bauernsäule"). Doch bei Jeff Wall hat der Mensch seine Würde gerettet.

In der Tat bezieht sich der Kanadier in vielen seiner Arbeiten auf die Malerei, die er studiert hat, doch er arbeitet wie ein Regisseur. Für eine Einstellung vergehen Wochen, manchmal Monate, in denen er an Details feilt, auf kleinste Veränderungen achtet, am Licht arbeitet. Dass er Großbilddias verwendet, die er am Computer bearbeitet, auf riesige Formate vergrößert und in Leuchtkästen präsentiert, verstärkt den cinematografischen Eindruck. Man fühlt sich hineingesogen in die Szenerie - obwohl sie doch nur aus einem einzigen, wie für die Ewigkeit eingefrorenen Moment besteht.

Rüdiger Schöttle hat Jeff Wall 1981 erstmals in Europa präsentiert (für die Ausstellung "Westkunst" in Köln) und zeigt zum 40-jährigen Bestehen seiner Galerie sieben Arbeiten aus jener Zeit.

"Woman and her Doctor" etwa, das eine psychoanalytische Sitzung ironisiert. Oder "Picture for woman" von 1979, eine selbstreflexive Arbeit, die sich auf Manets Bild "Un bar aux Folies-bergère" bezieht. Wall hat sein Modell in eine kühle Laborsituation platziert. Der junge Künstler drückt auf den Fern-Auslöser seiner Großbildkamera, während die nachdenkliche Frau durch den Zuschauer hindurch ins Leere blickt - selbstbewusster als bei Manet, sie ist ein Kind der siebziger Jahre, abgelichtet von einem der größten Künstler seiner Zunft.

Jeff Wall ,,Works 1979-1990'', Galerie Schöttle, bis 24. Januar, Amalienstraße 41/Rgb., 33 36 86

Text: Martina Scherf Foto: courtesy Galerie Schöttle

Woche in München

Quelle: SZ

3 / 7

Kabarett

Immer wieder ist Albert Kapfhammer vor der Tür auf- und abgelaufen, um zu schauen, ob nicht doch noch ein Gast kommen würde. Das war in den Achtziger Jahren, als die "Ritterwerke" und spätere Pasinger Fabrik beim Publikum noch nicht bekannt genug waren. Ob von "Kultur und Spielraum" veranstaltete Kinderprogramme oder Kabarettlesungen - es kamen nur wenige.

"Die ersten Jahre waren mühsam", erinnert sich Kapfhammer. "Oft hatten wir mehr Leute auf der Bühne als im Zuschauerraum." Das änderte sich schlagartig, als er zusammen mit der Kabarettgruppe "Fernrohr" alias Helmut Schleich, Christian Springer und Andreas Rüttenauer (Jubiläumsabend, 2.12., 20 Uhr) die Idee hatte, einen Wettbewerb zu initiieren: den Kabarett Kaktus.

Die ersten Gäste waren Helmut Ruge, "Faltsch Wagoni" oder "Valtorta". Heute, 20 Jahre später, ist er nicht nur Münchens ältester Kleinkunstwettbewerb, sondern für viele junge Kabarettisten ein Sprungbrett, wie zum Beispiel für Claus von Wagner oder Jess Jochimsen. "Das Wichtigste ist und bleibt für uns, den Nachwuchs zu fördern", sagt Kapfhammer. Das zeigen auch die Teilnahme- und Auswahlkriterien: Der Künstler darf nicht älter als 35 Jahre alt sein und muss Auszüge aus seinem ersten Programm zeigen.

Da kommt es schon vor, dass manche erst beim Kaktus vor großem Publikum spielen. In diesem Jahr zum Beispiel Jessy und Jenny Fetscher beim Kostprobenabend (28.11., 20 Uhr). Die beiden Geschwister aus Freiburg treten das erste Mal ohne ihren Vater auf. Nach einem solchen Abend und drei Hauptrunden stehen die Gewinner 2008 fest. Preisgelder gab es noch nie, dafür Auftrittsmöglichkeiten.

Die Preisträger fahren auf eine Gastspielreise nach Wien, treten in der Drehleier und in der Lach- und Schießgesellschaft auf. Besonders stolz ist Albert Kapfhammer darauf, dass viele Kaktus-Teilnehmer untereinander Kontakt haben, viele fast überall auftreten und manche sogar zu ganz Großen werden. Wie Django Asül. "Der weiß sogar", freut sich Kaktus-Initiator Kapfhammer, "noch immer unsere Telefonnummer auswendig und empfiehlt Talente."

Kabarett Kaktus, Sa., 29. Nov., bis So., 7. Dez., jeweils 20 Uhr, Pasinger Fabrik, August-Exter-Str.1, 8888806, www.kabarett-kaktus.de.

Text: Nicole Graner Foto: oh

Woche in München

Quelle: SZ

4 / 7

Konzert

Man nehme ein bewährter Gitarrenriff, verquicke es mit neuem Text und Ohrwurm-Refrain - fertig ist der Sommerhit. Kid Rocks Single "All Summer Long" war die Hymne des Sommers 2008, ein Wiesn-Hit, die zweiterfolgreichste Single des Jahres in Deutschland - eine Rock-Nummer, in der er unbeschwerte Teenager-Tage und -Nächte mit seiner Liebsten am See besingt.

Als Basis benutzte er "Sweet Home Alabama" von Lynyrd Skynyrd. In Europa war der tätowierte Sänger, obwohl er daheim in den USA bis dato 25 Millionen Platten verkauft hat, vor allem wegen seiner Beziehung mit Pamela Anderson bekannt. Die im Juli 2006 geschlossene Ehe wurde bereits im November des selben Jahres wieder geschieden.

Rock hatte zudem Gastauftritte bei den "Simpsons", wo er sich selbst sprach, sowie bei "CSI:NY", wo er sich selbst spielte. Kid Rock alias Robert James Ritchie setzt auf Southern Rock, den er - von den Beastie Boys inspiriert - gern mit Rap verbindet. Er gibt den Macho, aber auf der Bühne setzt er auf Frauen-Power: Nicht nur seine Sängerinnen sind legendär, sondern auch seine Drummerin, die fabelhafte Stefanie Eulinberg.

Kid Rock, Mi., 3. Dez., Zenith, 20 Uhr, Lilienthalallee29, 21839182

Text: Birgit Ackermann Foto: AP

Woche in München

Quelle: SZ

5 / 7

Kino

Die Frage kennt man schon aus Der Teufel trägt Prada: Wie reagieren Nachwuchsjournalisten, wenn sie ins Allerheiligste vorgelassen werden? Beim Meryl Streep-Kinohit waren es die Redaktionsräume des Vogue-Klons Runway, bei New York für Anfänger dient die amerikanische Vanity Fair als Vorbild für das fiktive Lifestyle-Magazin Sharps. Beide Filme beruhen auf den Erlebnissen der desillusionierten Jungjournalisten, in beiden Fällen wurden ihre Bücher zu Bestsellern.

Damit enden auch schon die Gemeinsamkeiten, betont doch New York für Anfänger vor allem den "Culture Clash" der Story: Hauptfigur Sidney Young ist ein größenwahnsinniger Engländer, der in London eine unbedeutende Film-Postille leitet. Als er vom Sharps-Chefredakteur Harding (Jeff Bridges) ein Job-Angebot bekommt, zögert er nicht lange und zieht nach Manhattan.

Dort angekommen, ist er aber längst nicht am Ziel seiner Träume: Seine plumpe Idee für eine Paris-Hilton-Enthüllungsstory kommt ebenso wenig an wie sein Faible für spaßige T-Shirts und Sandalen.

Am allerwenigsten kann er aber bei der Damenwelt landen: Die zickige Agentin Eleanor (Gillian Anderson) hasst ihn, das Schauspiel-Babe Sophie (Megan Fox) ignoriert ihn - überhaupt scheint er im New Yorker Dating-Dschungel die Spielregeln nicht verstanden zu haben: "Bei mir ist es ein Flirt, bei Dir dagegen sexuelle Belästigung", meint sein Chef auf einer Party.

Während Sidney also von einer Peinlichkeit in die nächste stolpert, entgeht ihm, dass nur seine Kollegin Alison (Kirsten Dunst) zu ihm hält...

Regisseur Robert Weide kann sich bei seinem Kinodebüt auf eine witzige Buchvorlage und seinen großartigen Hauptdarsteller verlassen - gilt Simon Pegg doch als Experte für die Rolle des liebenswerten Widerlings: In Run, Fatboy Run düpierte er seine schwangere Frau vor dem Altar, während er in Shaun Of The Dead seine Mutter Zombies überließ.

Also konnte man ihn auch auf eine Horde Stadtneurotiker loslassen. Autor Toby Young beschreibt seine ersten Tage am Big Apple übrigens folgendermaßen: "Ich fühlte mich wie Austin Powers, der aus den freizügigen Swinging Sixties ins viktorianische Zeitalter teleportiert wurde." Mit dem Film ist er zufrieden, auch wenn sein Buch für den Film stark verändert wurde: "Hätte man die Geschichte wahrheitsgetreu umgesetzt, wäre statt einer romantischen Komödie wohl ein düsterer psychologischer Thriller herausgekommen."

Text: Josef Grübl Foto: Concorde

Woche in München

Quelle: SZ

6 / 7

Konzert

Sie spielen mit Gegensätzen: Ein in einem Eisblock zusammengekauerter Männerkörper ziert das Cover ihres zweiten Albums "The Colour of Snow". Einer Platte, die mit ihrem Bombast und ihrer Vielfalt alles andere als Kälteassoziationen im Hörer hervorruft.

Noch eine Paradoxie bei Polarkreis 18: Die Einsamkeitshymne "Allein, allein" intoniert ein Chor. Die Pathos-Pophymne ist die erste Singleauskopplung des neuen Albums, die seit mehreren Wochen den ersten Platz der deutschen Charts belegt. Die sechs Bandmitglieder (allesamt Anfang zwanzig) sind keineswegs Überflieger, sondern ehrgeizige Tüftler, die hart für diesen Erfolg geackert haben.

Seit 1998 machen die Dresdner in dieser Besetzung Musik. Anfangs spielten sie unter anderem Namen überwiegend Punk- und Rockmusik, bis Blurs Album "13" eine Klangwende einläutete. 2006 kam der Plattenvertrag mit dem Berliner Label Motor, 2007 das erfolgreiche selbstbetitelte Debütalbum. Dem nur ein Jahr später erschienenen Nachfolger merkt man das höhere Produktionsbudget an: Das Filmorchester Babelsberg steuerte orchestrale Klänge bei, und Produzent Mario Thaler (The Notwist) mischte an den Reglern mit. Trotzdem sind Polarkreis 18 nicht zum Konservenkommerz verkommen.

Nach wie vor ist ihr Sound faszinierend eigenartig und eigenständig. Arrangements aus Bläsern, Streichern und Synthie-Pop treffen auf die Falsett-Stimme von Sänger Felix Räuber. Die gibt es am Dienstag, 2. Dezember, live in München zu hören. Beim Konzert kleiden sich Polarkreis 18 meist vollständig in Weiß.

Polarkreis 18, Di., 2. Dez., 21 Uhr, Ampere, Zellstr. 4, 21839182

Text: Andrea König Foto: Muffatwerk

Woche in München

Quelle: SZ

7 / 7

Theater

Auf Schloss Rechnitz, das unmittelbar an der österreichischen Grenze zu Ungarn liegt, feierten SS-Offiziere, Gestapo-Führer und Getreue des Nazi-Regimes in der Nacht vom 25. März 1945 ein sogenanntes Gefolgschaftsfest - nur wenige Stunden, bevor die Sowjetarmee in Österreich einmarschierte.

Auf diesem Empfang wurde nicht nur getanzt und getrunken. In dessen Verlauf wurden fast 200 jüdische Zwangsarbeiter ermordet - zum Zeitvertreib der Festgesellschaft. Elfriede Jelinek hat die lang verschwiegenen Ereignisse dieser Nacht aufgegriffen und ein Theaterstück daraus geformt: "Rechnitz (Der Würgeengel)".

Jossi Wieler inszeniert an den Kammerspielen die Uraufführung des Dramas. Der Opern- und Theatermann gilt dank seiner unkonventionellen Inszenierungen anderer Jelinek-Stücke als Experte für das Werk der Nobelpreisträgerin. Dem Münchner Publikum dürfte vor allem noch seine Interpretation ihres Königinnendramas "Ulrike Maria Stuart" vom März vergangenen Jahres präsent sein. Mit Spannung erwartet die Szene nun die Premiere am Freitag, 28. November, im Schauspielhaus und wie Wieler diesmal der typisch Jelinekschen Textfläche Herr wird.

Die vereint in sich eine begnadet-gnadenlose Sicht auf die Psychologie des Nazi-Terrors, den Selbstbetrug von Deutschen, Österreichern und Ungarn heute und gewährt tiefe Einblicke in Jelineks eigenen Kopf und dessen furiose Assoziationsströme.

Freilich nimmt sich die Autorin nicht vor, die historischen Ereignisse von Rechnitz anhand von Prozessakten oder Zeugenaussagen zu rekonstruieren, wie dies ein Dokumentartheater-Dramatiker tun würde. Sie lässt in ihrem Stück lieber sogenannte Boten aufziehen, die unermüdlich erhellen, was warum geschehen ist und wie es nachwirkt. "Wir haben heute doch eine kognitive Distanz zu dieser Zeit der Extreme gewonnen. Wir sollten sie nicht einfach so im Casino des Denkens aufs Spiel setzen", lässt sie einen der Sophisten schwadronieren. Fragt sich kaum, was sie ihm wünscht: Die Kugel, die rollt, oder die, die trifft.

Rechnitz (Der Würgeengel) von Elfriede Jelinek, Uraufführung: Fr. 28. Nov., 19.30 Uhr, Kammerspiele, Maximilianstr. 26, 21839182

Text: Susanne Hermanski Foto: Arno Declair

(sueddeutsche.de/reb)

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: