Veraltete Technik:Der Brandschutz bei der Freiwilligen Feuerwehr ist mangelhaft

Veraltete Technik: Im Juli zerstörte ein Feuer in der Wache Freimann Ausrüstung im Wert von mehr als einer Million Euro.

Im Juli zerstörte ein Feuer in der Wache Freimann Ausrüstung im Wert von mehr als einer Million Euro.

(Foto: Feuerwehr)
  • Im Juli brannte ein Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr in Freimann aus. Der Schaden beträgt mehr als eine Million Euro.
  • Weil die Feuerwehrtechnik immer besser wird, wird sie auch anfälliger für Brände. Es mutet paradox an, aber gerade bei der Feuerwehr ist Brandschutz enorm wichtig.
  • Nun wurde aber bekannt: Keiner der Standorte der Freiwilligen Feuerwehr ist mit moderner Schutztechnik ausgestattet.

Von Stefan Mühleisen

Zwei Wochen nach dem Brand im Gerätehaus in Freimann stellt sich heraus, dass die 21 Standorte der Freiwilligen Feuerwehr in München mit veralteter Brandschutztechnik ausgestattet sind. In keiner der Wachen gibt es eine Brandmeldeanlage, wie die Branddirektion München bestätigt - und sie erneuert ihre Forderung, die Technik im Zuge des anstehenden Sanierungsprogramms nachzurüsten. "Der Handlungsbedarf ist nicht dringend", betont ein Sprecher. "Doch wir sehen uns in unserer Forderung nun umso mehr bestätigt."

Die Debatte kommt in Gang, weil die Kriminalpolizei von einem technischen Defekt als Brandursache ausgeht. Das Feuer entstand an der Lade-Elektronik an einem der Fahrzeuge, welche die Bordtechnik mit Strom versorgt. Ob es ein Kurzschluss oder Überhitzung war, ist laut Polizei nicht abschließend geklärt. Durch das Feuer wurden in der Halle an der Heinrich-Groh-Straße zwei Einsatzfahrzeuge und ein Anhänger sowie die gesamte Ausrüstung - Atemschutz, Einsatzkleidung, Funkgeräte, Alarmierungs-Terminal - zerstört. Der Schaden hat laut Geschäftsführung der Freiwilligen Feuerwehr München "die Millionengrenze deutlich überschritten".

Moderne Feuerwehrfahrzeuge müssen permanent am Strom hängen, weil in ihnen eine Fülle von Technik verbaut ist; dazu kommen Akkus in der Ausrüstung, die ständig betriebsbereit gehalten werden muss. Kritisch ist dabei: Die Wachen der Freiwilligen Feuerwehr sind nicht rund um die Uhr besetzt, anders als die Standorte der Berufsfeuerwehr. In den Dependancen der Freiwilligen Feuerwehr (FF), die "Abteilungen" genannt werden, wird kein permanenter Dienst geschoben - nur im Einsatzfall eilen die ehrenamtlichen Helfer herbei und rücken aus. Kommt es zum Brand, wie in Freimann, fällt das also zunächst niemandem auf. Auch das Schrillen eines Rauchmelders würde wohl nur durch Zufall bemerkt.

Die Alternative ist eine Brandmeldeanlage, wie sie auch in Flughäfen, Tankstellen und Krankenhäusern installiert ist: Sensoren melden Wärme, Licht und Rauch an eine zentrale Schaltstelle, die dann einen Notruf absetzt. Die Gerätehäuser der Freiwilligen Feuerwehr stammen nach Angaben der Branddirektion jeweils zur Hälfte aus den Siebziger- und Achtzigerjahren und aus den Dreißiger- und Vierzigerjahren. Damals sei der Einbau solcher Anlagen unüblich gewesen, da die Fahrzeugtechnik sehr einfach gewesen sei. Heute seien Einsatzfahrzeuge "hoch- und dichtinstallierte Geräte", teilt die Branddirektion mit, sie stellten "eine andere Brandgefahr dar als zur Entstehungszeit der Gebäude".

Die Brandschutz-Profis der Behörde haben schon vor Jahren auf die heikle Situation hingewiesen. 2009 ließ das Kommunalreferat als Verwalter der städtischen Immobilien stadtweit den Sanierungsbedarf der FF-Gerätehäuser untersuchen. Das Ergebnis: Die meisten Standorte sollen sukzessive modernisiert, erweitert oder gar abgerissen und neu gebaut werden. Dazu zählt auch die Freimanner Feuerwache. Der Stadtrat hat im Mai 2016 einen knapp 7,2 Millionen Euro teuren Neubau auf dem Nachbargrundstück gebilligt. Die Branddirektion hat schon zuvor, im Zuge des aufgelegten Sanierungsprogramms, Brandmeldeanlagen in den Fahrzeughallen gefordert, bestätigt ein Sprecher. Eine "Nachrüstung im Bestand" sieht die Branddirektion indes nicht als nötig an - aber den Einbau "Stück um Stück", wenn schon saniert wird, durchaus.

Doch das Kommunalreferat sah das nicht so. Laut Branddirektion beruft sich die Behörde auf die Forderung der Stadtkämmerei "nach Reduzierung der Kosten und der Standards bei städtischen Bauvorhaben". Entsprechend sei der Einbau von Brandschutzanlagen "kritisch geprüft und unter Hinweis auf die fehlende baurechtliche Anforderung und die seltenen Brände abgelehnt" worden.

Lange Zeit hat es bei der Feuerwehr nicht gebrannt

Nach dem Brand in Freimann könnte sich das aber nun ändern. Zwar betont Kommunalreferats-Sprecher Bernd Plank, dass weder Brandschutzgutachter dies für Neubauten fordern, noch gesetzliche Regularien dies vorschreiben. Auch versicherungsrechtlich sei gemäß der städtischen Versicherungsverwaltung keine Brandmeldeanlage erforderlich. Überdies bestehe für eine "übereilte Reaktion" kein Grund, da es in den vergangenen Jahrzehnten keine Brände in Gerätehäusern der Freiwilligen Feuerwehr gegeben habe.

Plank räumt jedoch ein: "Hierbei müssen und wollen wir der Meinung von Experten vertrauen." Sollte der vorbeugende Brandschutz die Maßnahme für erforderlich halten, "werden wir alles weitere veranlassen". Die Kosten für eine Anlage beziffert das Kommunalreferat auf 50 000 Euro.

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