Uschi Glas wird 70:Niemals ohne Glitzer

Uschi Glas wird 70

Uschi Glas bei der Verleihung der Diva Awards im Deutschen Theater in München.

(Foto: Getty Images)

In "Zur Sache, Schätzchen" strippte sie sich 1968 als aufbegehrende Barbara runter bis zur weißen Korsage. Mittlerweile hat Uschi Glas die wilden Zeiten hinter sich gelassen, den Sinn für Selbstironie hat sie aber nicht verloren. Jetzt feiert die Schauspielerin ihren 70. Geburtstag.

Von Claudia Fromme

Es gab vor Jahren mal ein Buch, das huldigte dem Dummchen. Es hieß Das Uschi-Prinzip, und in dem Bestseller wurde erklärt, dass Frauen nur dann wirklich erfolgreich sind, wenn sie sich naiv geben.

"Tragt Schuhe, in denen ihr hilflos durch die Gegend stöckelt", heißt eine Aufforderung darin. Lasst euch beim Einparken helfen, so etwas. Nur wer die Maske des Unbedarften perfektioniert, so die Botschaft, schafft es, anderen Sachen unterzujubeln, die sie eigentlich nicht hören wollen.

Uschi Glas hat dieses Spiel von Schwäche und Stärke perfektioniert. Die Maske des Lächelns, die immer auch ein Zähnezeigen war. Sie lächelte im TV: als Indianerin (Winnetou), Lehrerin (Die Lümmel von der ersten Bank), Verkäuferin (Unsere schönsten Jahre), Bankangestellte (Zwei Münchner in Hamburg), Kiesgrubenbesitzerin (Anna Maria - Eine Frau geht ihren Weg) und wieder als Lehrerin (Sylvia - Eine Klasse für sich).

Publikumsliebling oder Boxsack

Die Berufe in ihren Rollen waren zumeist bürgerliche, die Emanzipation immer eine sanft lächelnde, flankiert von Männermännern wie Roy Black oder Elmar Wepper. In Buchhandlungen würden die Charaktere, die sie spielte, in der Abteilung "Starke Frauen" zu finden sein, in Großdruckschrift, weil die Leserschaft schon etwas betagter ist, und sicher nicht neben Rosa Luxemburg, weil die nicht so sanft gelächelt hat wie die Uschi.

Das macht Uschi Glas zum Publikumsliebling - oder zum Boxsack, was auch damit zu tun haben könnte, dass die sozial engagierte Schauspielerin, die vor ihrer Karriere Sekretärin war, dem klammen Helmut Kohl nach der Parteispendenaffäre 10 000 Mark zukommen ließ, sich früh zu Franz Josef Strauß bekannte und gerne unbedarft die politische Lage kommentiert.

Egal ist sie kaum einem, wo immer sie wirkt, löst sie starke Gefühle aus, verwunderlicherweise an den Ankerpunkten ihrer Karriere bei jungen Zuschauern. In Zur Sache, Schätzchen von 1968 strippte sie sich als aufbegehrende Barbara runter bis zur weißen Korsage.

Der Neue Deutsche Film, hier vertreten durch Peter Schamoni, bekam einen Schub, ähnlich wie eine Generation junger Männer, der für die Zeit sehr viel Dekolleté im Fernsehen dargeboten wurde, und die sich fortan auf die Suche nach ihrer persönlichen Uschi machten. Einer echten Uschi, die sexy ist, aber bürgerliche Prinzipien hat. So wie jene Barbara aus Schwabing, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten rebelliert. Keine Barbarella, die im selben Jahr im Film von Roger Vadim den erotischen Frieden im All rettet.

45 Jahre nach dem Schätzchen verwundert Glas wieder die Jugend

Es war das Wildeste, was es von Uschi Glas zu sehen gab, auch spielen die großen Serienrollen heute andere. Einerseits. Andererseits gibt es noch das aktuelle Kino, und da verwundert sie 45 Jahre nach dem Schätzchen wieder die Jugend. In Fack ju Göhte hat sie einen Gastauftritt als ausgebrannte Lehrerin, Regisseur Bora Dagtekin hatte sich für seinen neuen deutschen Paukerfilm Glas gewünscht, er soll ein großer Bewunderer ihrer Lümmel-Reihe sein.

So schließt sich der Kreis, und so übt sich Helga Ursula Glas, geboren am 2. März 1944 in Landau an der Isar, als Selbstzitat in einer Art Humor, den man ihr wohl nicht zugetraut hätte. Vor vier Wochen trat sie ferner bei der Soko Stuttgart als Teleshopping-Diva auf, die Hautcreme verkauft.

Das ist ein ziemlich selbstironischer Umgang mit der Sache damals, als sie gegen die Stiftung Warentest klagte, die ihrer Creme hautverätzende Tendenzen nachgesagt hatte. Man sollte Uschi Glas auch unbedingt zutrauen, dass sie vor zehn Jahren nicht gedankenlos knappe Badekleidung trug, als die gewesene Zeitschrift Maxim sie auf farbiges Papier druckte. Kübel voller Spott ergossen sich über Uschi Glas. Sie lächelte - im güldenen Bikini. Das wichtigste aller Uschi-Prinzipien ist: "Geh niemals ohne Glitzer."

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