USA:Junge Bands statt Blasmusik

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Beim Kreativ-Festival "South by Southwest" in Austin präsentiert sich die Stadt mit frischer Musik und fünf Start-up-Unternehmen

Von Beate Wild

Lederhosen sind keine da, und auch keine Blasmusik. Dafür tönt durch das "German Haus" in Austin, Texas, experimenteller Electrosound, zu dem die Gäste auf der Tanzfläche mit coolen Minimalbewegungen wippen. Wer dachte, dass sich die Stadt München auf der South by Southwest (SXSW), dem weltweit größten Festival für Digitales, Musik und Film, traditionell präsentiert, der irrt gewaltig. Nein, München will sich international und modern zeigen und der Welt beweisen, dass es mehr zu bieten hat als das Oktoberfest, "the biggest beer festival on earth", wie der Amerikaner es zu nennen pflegt. Und deshalb reiste die Delegation aus der bayerischen Landeshauptstadt mit den jungen Bands Joasihno, Andrew Applepie und Lali Puna sowie fünf innovativen Start-ups an.

"Wir wollen das neue, kreative München zeigen", sagt Jürgen Enninger, Leiter des Kompetenzteams Kultur- und Kreativwirtschaft der Stadt München, während hinter ihm Joasihno gerade ihren Instrumenten mitreißende Beats entlocken. Die deutschen Vertreter auf der SXSW haben sich auch dieses Jahr wieder im Barracuda, einem Club in Downtown Austin, eingemietet, um Präsenz zu zeigen und den deutschen Künstlern eine Bühne zu geben.

"German Haus" heißt der Club nun während des Festivals. Die Stadt München ist in diesem Jahr, neben Hamburg, Baden-Württemberg und Hessen, zum ersten Mal einer der Hauptsponsoren - und löst damit den Freistaat Bayern als bisherigen Geldgeber ab. In diesem Jahr reiste auch erstmals ein offizieller Politiker in Gestalt von Münchens zweitem Bürgermeister Josef Schmid (CSU) nach Austin. Sehr wichtig sei das, meint Enninger, und eine "massive politische Wertschätzung".

Die Reise nach Texas soll den Künstlern helfen, mal aus der eigenen Blase herauszukommen und sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen. "Hier auf der SXSW geht es um 'serendipity', also dem zufälligen Treffen von Menschen, die einem beim nächsten Schritt weiterhelfen", schwärmt Enninger. Das Networking sei Teil des Idealbildes vom kreativen Arbeiten - und die Teilnahme an Festivals wie der SXSW deshalb für jeden schöpferisch tätigen und innovativen Kopf eigentlich ein Muss.

Cico Beck und Nico Sierig von der Band Joasihno sind mindestens genauso begeistert. "Es ist schon etwas Besonderes, bei der SXSW im Programm zu sein", sagt Sierig. Die Band absolviert diverse Shows in verschiedenen offiziellen Festival-Locations. "Aber die besten Auftritte sind die auf der Straße", sind sich die beiden Musiker einig. Die Band hat Keyboards und selbstgemachte Instrumente in einem großen tragbaren Koffer gebaut. Mit diesem "Equipment to go" können sie an jeder Straßenecke Musik machen - für elektronische Musik eine echte Neuheit. Einfach den Akku und den Lautsprecher anschließen und los geht es. Joasihnos Spontan-Gigs in Austin zogen jedes Mal Trauben von Menschen an, die stehen blieben und den Klangkünstlern aus München fasziniert zuhörten.

Durch die Präsenz auf der SXSW hat Joasihno schon ein neues Engagement daheim in Deutschland abschließen können. Genauso stellt Enninger sich das vor: "Deshalb sind die Bands ja da, um ins Gespräch zu kommen." Die Nachhaltigkeit sei wichtig, um für die Kreativen einen Mehrwert zu schaffen.

Ins Kontakt mit interessanten Menschen gekommen ist auch Konstantin Landuris. Der Innenarchitekt gehört mit seinem Start-up zu den fünf Firmen, die mit der Stadt München und dem Bayerischen Wirtschaftsministerium nach Austin reisen durften. Im "German Haus" stellte er sein aktuelles Projekt vor: einen Anzug, mit dem man fliegen kann. Auf dem Festival in Austin kam Landuris dann nicht nur mit einem Astronauten ins Gespräch, sondern besuchte auch einen Vortrag von Arnold Schwarzenegger. "Ich habe hier Wahnsinnstypen kennengelernt", fasst Landuris seine Erfahrungen auf der SXSW zusammen. "Die schmeißen dir die Buzzwords nur so an den Kopf", sagt er. Das sei erst einmal überwältigend, "aber es hilft einem, weiterdenken zu lernen."

Es sind genau diese Begegnungen, die Enninger und sein Team fördern wollen. "Unser Job ist es, Brücken zu bauen", sagt er. Und manchmal ist es dazu eben auch notwendig, München und das Lederhosenmilieu zu verlassen - zumindest für ein paar Tage.

© SZ vom 19.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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