Urteil:Gericht: Kita darf Eltern nicht zur längeren Zahlung zwingen

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Schon nach vier Tagen entschied die Mutter, ihr Kind nicht mehr in die private Kita zu schicken. (Foto: Catherina Hess)
  • Eine Mutter war bereits nach wenigen Tagen von einer privaten Kita enttäuscht, sodass sie den Vertrag kündigte.
  • Der Betreiber forderte auch nach der gesetzlichen Kündigungsfrist von drei Monaten weiterhin die Gebühren. Hinzu kam eine Schadenersatzforderung.
  • Ein Gericht gab nun der Mutter recht.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Immer wieder versuchen private Kindertagesstätten Eltern länger an sich zu binden und damit zur Zahlung zu zwingen, als es erlaubt ist. Das Amtsgericht München hat dem jetzt im Fall eines Unternehmens einen Riegel vorgeschoben. Die Einrichtungen werben unter anderem mit hochwertiger Pädagogik und zweisprachiger Erziehung. Eine Mutter war davon begeistert und schloss im Mai 2014 einen Vertrag zum 1. Oktober für ihre damals zweieinhalbjährige Tochter ab. Es war eine Betreuungszeit von sechs bis sieben Stunden werktags für monatlich 585 Euro vereinbart, dazu 140 Euro Essensgeld monatlich.

Doch schon nach vier Tagen war die Mutter enttäuscht, kündigte und schickte ihr Kind nicht mehr in die Kita. Von Februar 2015 an zahlte sie keine Gebühren mehr. Die Betreiberin der Kindertagesstätte wollte das nicht akzeptieren. Die Mutter wurde aufgefordert, für Februar und März 2015 weitere 1450 Euro nachzuzahlen. Zudem verlangte diese Kita-GmbH & Co. KG Schadenersatz in Höhe von 1413 Euro: Nach Meinung der Firma wäre der Vertrag erst zum 31. März 2015 beendet gewesen - wegen des Fernbleibens der Tochter seien keine Fördergelder bezahlt worden.

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Als die Mutter standhaft blieb, klagte die Firma. Vor dem Amtsrichter begründete die Mutter ihre Kündigung so: Die Zustände in der Kita waren "zwanghaft und inkompetent". Mangels qualifizierten Personals sei keine bilinguale Erziehung möglich gewesen. "Bei dem eingesetzten Personal hat es sich auch nicht um ausgebildete Erzieherinnen oder Personen mit vergleichbarer Qualifikation gehandelt."

Der Richter wies die Klage in vollem Umfang ab: Die Mutter habe den Kindergartenplatz wirksam zum 30. November 2015 gekündigt. Die Kündigungsfrist im Kleingedruckten sei unwirksam. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen dürfe keine längere Kündigungsfrist als drei Monate festgesetzt werden. Er berief sich dabei auf den Paragrafen 309 Nr. 9c des Bürgerlichen Gesetzbuches.

Der Richter sagte dazu, dass es nicht erlaubt sei, "durch Bestimmung willkürlicher Kündigungstermine die Kündigungsfristen faktisch über die in dieser Vorschrift bestimmte Dauer hinaus zu verlängern". Tatsächlich hatte der Kita-Betreiber in seinen Geschäftsbedingungen festlegen wollen, dass zwar ordentlich mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden könne, aber nur "jeweils zum 31. März, 31. August, 31. Oktober und 31. Dezember".

Das benachteilige die Kunden unangemessen, sagte der Richter. "Ein sachlich nachvollziehbarer Grund für die unregelmäßigen Kündigungszeitpunkte, die zum Teil zu einer unangemessen langen Bindung des Kunden führen, ist nicht erkennbar." Da die Vertragsklausel unwirksam sei, hätte die Mutter in diesem Fall nach den gesetzlichen Vorschriften sogar spätestens am 15. zum Monatsende kündigen können. Das Urteil (Az.: 213 C 13499/15) ist rechtskräftig.

© SZ vom 01.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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