Urteil:Wildmoser jun. muss seine Strafe absitzen

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Der Bundesgerichtshof sieht keine Befangenheit seitens der Richterin - das Urteil ist nun rechtskräftig.

Helmut Kerscher

Karl-Heinz Wildmoser junior muss nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) ins Gefängnis. Der BGH bestätigte die Verurteilung durch das Landgericht München zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten wegen Untreue und Bestechlichkeit im Zusammenhang mit dem Bau der Allianz-Arena.

Karl-Heinz Wildmoser jun. vor Gericht mit einem seiner Verteidiger, Wolf-Rüdiger Bub. (Foto: Foto: ddp)

Anders als die Verteidiger und der Bundesanwalt hielt der BGH die Richterin Huberta Knöringer wegen ihrer Mitwirkung an einem Artikel der Abendzeitung nicht für befangen.

"Damit ist die Verurteilung rechtskräftig", sagte der Vorsitzende Richter Armin Nack am Mittwoch um 12.25 Uhr im Sitzungssaal des BGH in Karlsruhe. Vorher hatte er gut 20 Minuten lang den nach der Verhandlung am Vortag etwas überraschenden Urteilsspruch begründet.

Der BGH verwarf in dem Prozess um eine Schmiergeldzahlung des Baukonzerns Alpine von etwa 2,8 Millionen Euro sowohl die Revision des Angeklagten als auch die der Staatsanwaltschaft. Der heute 42-jährige Wildmoser jun. muss deshalb nach Angaben seines Revisionsanwalts Gunter Widmaier voraussichtlich im Herbst wieder ins Gefängnis und seine restliche Freiheitsstrafe verbüßen.

Widmaier und sein Kollege Kurt Bröckers zeigten sich schockiert, weil der BGH ihren Argumenten zur Befangenheit der Richterin Knöringer nicht gefolgt war.

Sie hatte sich über ihre Bezeichnung in der AZ als "Frau Gnadenlos" empört und eine Wiedergutmachung verlangt. Drei Wochen nach dem von Knöringer beanstandeten Text zum Prozessauftakt druckte die AZ einen Artikel mit dem Titel "Gesteht Wildmoser alles?" und dem Untertitel "Die geschickte Verhandlungsstrategie der Richterin könnte Prozess abkürzen".

"Anderer Sachverhalt"

Dem waren zwei Besuche von AZ-Anwalt Andreas Boele mit Textentwürfen vorausgegangen. Einzelheiten insbesondere über den Grad der Mitwirkung Knöringers blieben umstritten. Der BGH ging laut Richter Nack "von einem anderen Sachverhalt als die Revision" aus: von einer nur minimalen Mitwirkung der Richterin, wie sie auch Anwalt Boele in einer Stellungnahme geschildert hatte.

Knöringer habe den Artikel weder redigiert noch Einfluss auf seinen Inhalt oder den Titel genommen, meinte der BGH. So stammten Bewertungen des bisherigen Prozessgeschehens, Spekulationen über den Fortgang des Verfahrens und ein mögliches Geständnis ausschließlich von der AZ-Redaktion, was diese später auch bestätigt hatte.

Ob die persönlich motivierten Bemühungen der Richterin um Wiedergutmachung während des laufenden Verfahrens angemessen seien, ließ der BGH offen.

Jedenfalls begründet laut Nack "nicht jeder Kontakt zwischen Richtern und der Presse die Besorgnis der Befangenheit". Diese seien oft angebracht, um die Presse bei der Erfüllung ihrer verfassungsrechtlichen Aufgaben zu unterstützen.

Insgesamt begründe das Verhalten der Richterin aus der Sicht eines vernünftigen Angeklagten kein Misstrauen gegenüber ihrer inneren Haltung der Unparteilichkeit, sagte Nack. Daran ändere auch nichts, dass sie in ihrer ersten Stellungnahme nur einen einzigen Kontakt mit dem AZ-Anwalt eingeräumt habe.

Sie habe das zweite Gespräch über den Entwurf des Artikels nicht vertuschen wollen, sondern einige Tage später von sich aus alle Vorgänge mitgeteilt.

Der BGH verwarf im Übrigen Zweifel an der Verurteilung Wildmosers wegen Untreue und wegen eines "besonders schweren Falls der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr". Die Schmiergeldzahlung an Wildmoser sei ein "geradezu klassischer Fall" dieser Bestechlichkeit, sagte Nack.

Ob ein besonders schwerer Fall der Untreue vorliege, wie die Staatsanwaltschaft gemeint habe, könne der BGH offen lassen. Die Strafe sei angemessen und könne bestehen bleiben.

© SZ vom 10.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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