Urteil:Laube oder Gartenhäuschen? Nachbarn streiten über Ästhetik

Erpel in einer Kleingartenanlage in München, 2017

Eine männliche Stockente hat sich auf dem Dach einer Laube in einem Münchner Schrebergarten niedergelassen - oder sitzt sie auf einem Gartenhäuschen?

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Wo einst die efeuumrankte grüne Laube stand, befindet sich in einer Schwabinger Wohnanlage nun ein braunes Häuschen. Eine optische Beeinträchtigung, findet der Kläger - und bekommt vor Gericht recht.

Von Stephan Handel

"Keine Gleichheit im Unrecht" - ein alter juristischer Grundsatz: Weil vor mir jemand bei Rot über die Straße gegangen ist, darf ich noch lange nicht ebenfalls bei Rot drüber gehen. Nicht um Ampeln, sondern um Gartenhäuschen drehte sich ein Fall, den nun das Amtsgericht zu entscheiden hatte.

Der Kläger und der Beklagte waren Nachbarn, mehr noch: Miteigentümer einer Wohnanlage in Schwabing-West. Beide verfügten auch über einen Gartenanteil, der jeweils mit einer nach drei Seiten offenen Laube bebaut war. Die Laube des späteren Beklagten war mit Rankpflanzen komplett zugewachsen. Dann ließ er diese Laube samt Bewachsung abreißen und errichtete stattdessen an gleicher Stelle ein Gartenhäuschen.

Dagegen klagte der Nachbar: Die Eigentümerversammlung hätte zustimmen müssen. Der Beklagte wandte ein, dass der Nachbar ja selbst ein Gartenhaus errichtet habe, gegen das die anderen Miteigentümer sich nicht gewehrt hätten. Sein Häuschen nun beeinträchtige das architektonische und ästhetische Bild der Wohnanlage nicht, es ersetze ja nur die Laube.

Da wollte ihm die Amtsrichterin aber nicht folgen: "Das Gartenhaus wirkt sehr groß und wuchtig und hat eine dunkelbraune Farbe", schreibt sie in der Urteilsbegründung. "Dadurch wird aber das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage erheblich verändert. Denn dort, wo vorher grüne Wiese war, steht nunmehr ein wuchtiges braunes Holzhaus." Auch wenn berücksichtigt werde, dass dort zuvor eine Laube aufgestellt war, störe das Gartenhaus das ästhetische Bild der Gesamtanlage mehr als eine Gartenlaube. Diese sei zudem von grünem Efeu eingerahmt gewesen, und eine Bepflanzung mit Efeu wirke weniger aufdringlich als eine dunkelbraune Farbe des Gartenhauses.

Die Schwelle dafür, ob eine nur unerhebliche und deshalb hinzunehmende optische Veränderung anzunehmen ist, sei eher niedrig anzusetzen, denn grundsätzlich sei eine Umgestaltung des Gemeinschaftseigentums ohne oder gegen den Willen von Eigentümern nicht zulässig. Das umgekehrt vom Kläger wohl unrechtmäßig aufgestellte Glashaus berechtige den Beklagten nicht, nun seinerseits gegen das Recht zu verstoßen. Vielmehr könne er vom Kläger die Beseitigung seines Häuschens verlangen.

Der Klage wurde stattgegeben. In der Berufung setzte das Landgericht noch eins drauf: Die Gemeinschaftsordnung schreibe vor, die Gartenanlage nur als Ziergarten zu nutzen. Ein Gartenhaus diene dem Unterstellen oder Aufbewahren von Gegenständen und eben nicht vorrangig gestalterischen oder ästhetischen Zwecken. Die Berufung wurde zurückgewiesen, das Urteil ist rechtskräftig. (AZ 484 C 22917/16 WEG)

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