Urteil im NS-Kriegsverbrecherprozess:Mord verjährt nie

Der ehemalige Wehrmachtsleutnant Josef Scheungraber ist wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Künftige NS-Verfahren werden sich an diesem Urteil messen lassen müssen.

A. Krug

Das Münchner Schwurgericht hat den ehemaligen Wehrmachtsleutnant Josef Scheungraber wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Damit zu rechnen war nicht, denn es handelte sich um einen Indizienprozess mit vielen Unwägbarkeiten. Die Zeugen, die zur Verfügung standen, waren alle jenseits der 80 Jahre.

Josef Scheungraber

"Er war der einzige Offizier vor Ort": Josef Scheungraber wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.

(Foto: Foto: Haas)

Etliche alte Herren konnten wegen Krankheit oder Tod nicht mehr befragt werden, die Richter mussten sich mit der Verlesung alter Vernehmungsprotokolle begnügen. Am Ende fügten sie die Indizien zu einem Mosaik zusammen und kamen zu der Überzeugung, dass niemand anderes als der Angeklagte als Täter in Frage komme. "Er war der einzige Offizier vor Ort", lautet die Kernthese des Urteils.

An dieser Tatsache kam auch der Angeklagte Scheungraber nicht vorbei. Er selbst hat sich keinen Gefallen getan mit der Behauptung, er habe keine Kenntnis von dem Massaker. Das war unglaubwürdig, denn alle Zeugenaussagen widersprachen dieser Version. Der alte Mann war damit einer Lüge überführt, die ihn in letzter Konsequenz zum Schuldigen machte.

Mit ihrem Urteil setzen die Münchner Richter bei der Strafverfolgung von NS-Kriegsverbrechen ein deutliches Signal. Sie messen nicht nur der individuellen Verantwortung des Offiziers eine besondere Bedeutung bei, sondern setzen auch Maßstäbe für die juristische Bewertung.

Sogenannte Vergeltungsaktionen gegen unbeteiligte Zivilisten stehen auf "sittlich tiefster Stufe" und sind daher als Mord einzustufen, der nie verjährt. Künftige NS-Verfahren werden sich an diesem Urteil messen lassen müssen, es bleibt allerdings abzuwarten, ob es Bestand in Karlsruhe hat.

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