Urteil:Geldstrafen für Baretti & Co.

Das Amtsgericht sah es als erwiesen an, dass der Münchner Stadtrat Christian Baretti, der ehemalige Münchner JU-Chef Rasso Graber sowie die Vize-CSU-Ortsverbandschefin von München-Perlach, Stephanie Lütge, CSU-Aufnahmeanträge zurückgehalten sowie Fälschungen anderer gedeckt haben.

Im Prozess um gekaufte CSU-Mitglieder sind die drei Angeklagten wegen gemeinsamer Urkundenunterdrückung zu Geldstrafen zwischen 2.400 und 5.100 Euro verurteilt worden. Das Münchner Amtsgericht sah es als erwiesen an, dass der Stadtrat Christian Baretti, der ehemalige Münchner JU-Chef Rasso Graber sowie die Vize-CSU-Ortsverbandschefin von München-Perlach, Stephanie Lütge, CSU-Aufnahmeanträge zurückgehalten sowie Fälschungen anderer gedeckt haben. Graber wurde außerdem wegen Urkundenfälschung verurteilt.

Urteil: Vorbestraft: Christian Baretti (li.) und Rasso Graber

Vorbestraft: Christian Baretti (li.) und Rasso Graber

(Foto: Foto: dpa)

Nach Auffassung des Gerichts war es ihr Ziel, die Vorstandswahl am 5. Februar vorigen Jahres im Münchner Ortsverband Perlach zugunsten des CSU-Landtagsabgeordneten Heinrich Traublinger zu beeinflussen und seinen innerparteilichen Herausforderer Markus Blume auszuschalten.

Baretti muss 160 Tagessätze zu 30 Euro zahlen, Graber wurde zu 170 Tagessätzen zu 30 Euro verurteilt. Gegen Lütge verhängte das Gericht 120 Tagessätze zu 20 Euro. Die Angeklagten hätten Urkunden unterdrückt, indem sie Mitgliedsanträge zurückbehalten hätten. Dabei galt es, die "Tatsache von Mitgliederkäufen nicht publik werden zu lassen". Bei über 90 Tagessätzen gilt ein rechtskräftig Verurteilter als vorbestraft.

Geldstrafen für Baretti & Co.

Die Praxis, Parteibeitritte zu belohnen, sei zwar "unanständig, aber nicht strafbar", stellte das Gericht weiter fest. Die Angeklagten seien nicht die Erfinder von Mitgliederkäufen gewesen.

Der CSU-Landtagsabgeordnete Joachim Haedke habe dafür Gelder fließen lassen, mindestens 100 Euro pro Neumitglied. "Sie haben die Grundregeln der Demokratie verletzt", sagte die Amtsrichterin in Richtung Anklagebank. Die Angeklagten hätten zudem die Deckblätter der notariellen Beglaubigungen der Mitgliedanträge verschwinden lassen, um heimlich die gefälschten Mitgliedsanträge herausnehmen zu können. Graber verfälschte zudem einen Antrag, indem er bei der Frage nach der Staatsangehörigkeit "jugoslawisch" durch "deutsch" ersetzte.

Das Gericht folgte in der Urteilsbegründung der Argumentation der Staatsanwaltschaft, wenn es auch mit dem Strafmaß unter der Forderung der Anklage blieb. In ihrem Plädoyer am Freitag hatte die Staatsanwaltschaft für Baretti und Graber 180 Tagessätze und für Lütge 120 Tagessätze beantragt und von mafiösen Strukturen in der Münchner CSU gesprochen sowie von Verhalten, das sonst nur im Bereich der organisierten Kriminalität bekannt sei. Die Verteidiger der drei Angeklagten hatten Freisprüche gefordert.

Die drei Jungpolitiker kündigten nach dem Urteilsspruch an, in Berufung zu gehen. Stadtrat Baretti gab sich kämpferisch: "Ich werde alles dafür tun, dass diejenigen, die mich im Prozess belastet haben, hinterher nicht auf der Siegerseite stehen werden." Namentlich nannte Baretti den Parteikollegen Markus Blume, der "Belastungseifer" gezeigt hätte.

Münchens CSU-Chefin Monika Hohlmeier wollte am Nachmittag zu den Urteilen Stellung nehmen. Die bayerische Kultusministerin, die vor einem Jahr den Vorsitz des immer wieder in Skandale verwickelten Bezirksverbandes übernommen hatte, ist durch die jüngste Affäre unter Druck geraten. Grünen-Landeschefin Theresa Schopper sprach von einem "Problem für die Glaubwürdigkeit von politischen Parteien". Hohlmeier müsse jetzt für Ordnung sorgen und "ihren Teil zur Trockenlegung des Münchner CSU-Sumpfes" leisten.

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