Urteil am Landgericht:Lange Haft für brutale Räuber

Selbst hartgesottene Ermittler der Kriminalpolizei waren sprachlos. Brigitte S. wurde Opfer eines der brutalsten Raubüberfälle der vergangenen Jahrzehnte in München. Zwölf Jahre muss Richard H. deshalb ins Gefängnis, seine Frau achteinhalb - Sicherungsverwahrung lehnen die Richter aber ab.

Von Andreas Salch

Ob Brigitte S. jemals zurück in ein normales Leben finden wird, weiß niemand. Die 51-jährige Münchnerin ist psychisch schwer traumatisiert. Beim bloßen Gedanken an die frühen Abendstunden des 21. März vergangenen Jahres schnellt ihr Blutdruck so in die Höhe, dass sie zu kollabieren droht. Brigitte S. wurde Opfer eines der brutalsten Raubüberfälle der vergangenen Jahrzehnte in München. Selbst hartgesottene langjährige Ermittler der Kriminalpolizei machte die Brutalität der Täter sprachlos.

An jenem 21. März gegen 19 Uhr überwältigten Richard H., 37, und seine Frau Beata V., 27, ihr Opfer beim Einsteigen in ihren BMW auf dem Park-and-ride-Parkplatz an der U-Bahn-Haltestelle Westfriedhof. Während H. die IT-Spezialistin mit einer täuschend echt aussehenden Softair-Pistole bedrohte, fesselte Beata V. sie mit Kabelbindern. Dann schlugen sie brutal zu und raubten sie aus. Für diese Tat sowie zwei weitere Raubüberfälle in Frankfurt am Main und Wien verhängte das Landgericht München I jetzt langjährige Haftstrafen. Richard H. muss wegen erpresserischen Menschenraubes und schwerer räuberischer Erpressung für zwölf Jahre in Haft. Seine Frau Beata V. wurde zu achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Beide nahmen das Urteil äußerlich regungslos auf.

Staatsanwalt Benjamin Lenhart hatte zuvor weit höhere Strafen gefordert und verlangt, dass für Richard H. zudem die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet wird. Davon jedoch sah Richter Thomas Denz ab. Die Raubüberfälle in Frankfurt auf eine 72-Jährige und in Wien auf eine Taxifahrerin liefen nach dem gleichen Muster ab wie in München. Richard H. bedrohte die Opfer mit einer Softair-Pistole oder schlug ihnen damit ins Gesicht. Beata V. fesselte sie. Anschließend forderte H. die Frauen auf, die Geheimnummern ihrer EC-Karten preiszugeben. Dies klappte nur einmal. In Frankfurt betrug die Beute 1000 Euro. In Wien raubte H. der Taxifahrerin ihre fünf Ringe, die sie trug. Als diese sich nicht gleich lösten, drohte er, ihr die Finger abzuschneiden.

Brigitte S. fielen vor lauter Todesangst die Nummern ihrer zwei EC-Karten nicht ein. Sie befand sich eine Stunde in der Gewalt der Angeklagten, ehe diese sie gefesselt auf dem Beifahrersitz ihres Autos vor dem Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in der Romanstraße zurückließen. Zuvor hatten sie der 51-Jährigen ihr iPhone sowie ihre Armbanduhr und die Papiere abgenommen. Zehn Minuten später wurde Brigitte S. von einem Passanten gefunden. Blut lief ihr aus Mund und Nase. Ein Kriminalpolizist, der als Erster am Tatort war und seit 25 Jahren im Dienst ist, hatte ausgesagt, er und seine Kollegen seien angesichts der Gewalt der Täter "geschockt" gewesen.

Brigitte S. konnte wegen ihres Zustandes nicht vor Gericht erscheinen. Dafür sagte ihre 26-jährige Tochter aus. Sie lebt bei ihrer Mutter. Bei der Tat erlitt Brigitte S. unter anderem eine Nasenbein- und eine Augenbodenhöhlenfraktur. Durch die Schläge, die ihr Richard H. versetzte, hatten sich großflächige Hämatome in ihrem Gesicht gebildet. Erst vor zwei Monaten seien sie völlig verheilt, so die Tochter. Brigitte S. war nach der Tat acht Monate lang arbeitsunfähig. Vor Kurzem hat sie wieder begonnen, in ihrem Beruf zu arbeiten. Doch nur für drei Stunden am Tag. Länger kann sie noch nicht.

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