Unwetter in München:Das Gipfelgewitter

Dass das G-7-Treffen den Verkehr lahmlegt, das hatte München befürchtet. Dann aber geht über der Stadt ein heftiges Unwetter nieder. Hunderte Ampeln und Bahnanlagen fallen aus - und alles steht

Überflutete Straßen, ausgefallene Ampeln, defekte Signale, Bahnübergänge und Stellwerke bei der S-Bahn und dazu immer wieder Straßensperrungen für die Autokolonnen der G-7-Gipfelteilnehmer, die zum Flughafen im Erdinger Moos eskortiert werden mussten: In München hat die Woche mit einem immensen Verkehrschaos auf Straßen, Schienen und in der Luft begonnen.

Zunächst hatte gegen 5.15 Uhr ein heftiges Gewitter mit gut 3000 Blitzen sowie starken Regenfällen die Münchner geweckt. In der Folge blinkten unter anderem etwas mehr als 300 Störmeldungen auf den Monitoren der Technischen Betriebszentrale des Baureferats auf. Nicht nur zahlreiche Ampeln, auch Induktionsschleifen in den Straßen sowie einige Verkehrsüberwachungskameras an großen Kreuzungen spielten verrückt. Nach Angaben des Baureferats fielen etwa 50 Ampelanlagen komplett aus, weitere 50 meldeten zumindest kleinere Störungen. Insgesamt betreut das Baureferat stadtweit etwa 1100 Ampeln.

F14431 2015,Unwetter in München 8. Juni 2015 morgens

Ein Blitz schlug am Montagmorgen auch im Dach des Hofgartentores ein. Die Feuerwehr musste es aufschneiden, um den Brand zu löschen.

(Foto: Berufsfeuerwehr)

Die Folge der Ausfälle waren lange Staus. So registrierte der Navigationsgerätehersteller Tomtom zwischen acht und neun Uhr am Morgen Staus oder stockenden Verkehr auf durchschnittlich 257 Kilometern - das war etwa doppelt so viel wie an einem normalen Montagmorgen. Um das Chaos zumindest etwas zu entschärfen, schickte die Polizei Streifenbeamte los, um an 15 "neuralgischen Kreuzungen" den Verkehr händisch zu regeln. Zudem forderte sie die Autofahrer auf, am ersten Schultag nach den Ferien an den Kreuzungen besonders auf Kinder zu achten. Techniker des Baureferats rückten aus, um an den Ampeln Sicherungen und elektronische Baugruppen auszutauschen. Erst gegen Mittag funktionierten laut einem Polizeisprecher alle Ampeln wieder.

F14394 2015,Unwetter in München 8. Juni 2015 morgens

Die Feuerwehr hatte 70 Einsätze, weil Keller und Unterführungen überflutet waren. An der Ifflandstraße unterschätzte ein Autofahrer die Wassertiefe.

(Foto: Berufsfeuerwehr)

Sehr viel länger zogen sich die Behinderungen und Ausfälle im Bahnverkehr hin. Auch dort verursachten Blitzeinschläge technische Probleme: Signale schalteten auf Rot und ließen sich nicht mehr ohne Weiteres auf Grün stellen, Bahnübergänge waren gestört. Techniker mussten beschädigte Relais und Schaltanlagen austauschen. Die Signale und Weichen in und um Haar an der stark frequentierten Strecke München-Rosenheim konnten nicht mehr bedient werden, nachdem ein Blitz die Fernsteuerung zwischen dem Stellwerk in Trudering und dem in Haar gekappt hatte. Die Folge waren Zugausfälle und Verspätungen bis in den Nachmittag hinein bei S-Bahn, Regional- und Fernzügen der Deutschen Bahn sowie beim Konkurrenten Meridian. Die Bahn beorderte nach Angaben eines Sprechers einen Fahrdienstleiter nach Haar, der von dort aus den Betrieb lenkte, bis die Fernsteuerung repariert war. Auch in Feldkirchen fiel ein Stellwerk nach einem Blitzeinschlag aus. Die Besatzung konnte es aber "nach kurzer Zeit wieder hochfahren", wie der Sprecher sagte.

Die Busse und Trambahnen der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) steckten wie die Autofahrer im Stau fest. Den ganzen Tag über kam es zu Verzögerungen und Ausfällen. Zudem waren wegen eines Blitzeinschlags in der MVG-Zentrale in Moosach an den Haltestellen keine Lautsprecherdurchsagen mehr möglich. Auch die elektronischen Abfahrtsanzeigen fielen aus. Die Feuerwehr zählte insgesamt 70 Einsätze, weil unter anderem Keller vollgelaufen waren, Brandmeldeanlagen durch Blitzeinschläge ausgelöst hatten oder Fahrbahnen überflutet waren. An der Ifflandstraße unterschätzte ein Autofahrer die Wassertiefe und blieb mit seinem Mercedes in den Fluten stecken. Am Odeonsplatz schlug ein Blitz in das Blechdach des Hofgartentores ein und entzündete die Holzkonstruktion darunter. Der Schwelbrand wurde aber rasch gelöscht. Die Stadtwerke registrierten nach Auskunft eines Sprechers keine Zwischenfälle in ihrem Stromnetz.

Zudem behinderten auch noch zahlreiche Autokonvois mit G-7-Gästen und damit zusammenhängende, kurzzeitige Straßensperrungen im Stadtgebiet den Verkehr. Am Morgen wurden zunächst mehrere afrikanische Staatschefs nach Elmau eskortiert. Ein Polizeisprecher wies aber Vorwürfe zurück, die Eskorten seien für das Chaos auf den Straßen verantwortlich: "Die Staus gab es wegen der ausgefallenen Ampeln, nicht wegen G 7." Am Nachmittag indes sah es augenscheinlich anders aus: Da wurden die Delegationen aus Elmau zurück zum Flughafen gebracht. Gegen 15 Uhr sperrte die Polizei den Landshuter-Allee-Tunnel für etwa eine halbe Stunde - daraufhin bildeten sich lange Staus auf dem Mittleren Ring sowie den Zubringerstraßen. Gegen 16 Uhr wurde dann die Lindauer Autobahn - wie schon am Sonntagvormittag bei der Hinfahrt der Politiker-Begleittrosse nach Elmau - zwischen Laim und Sendling abgeriegelt.

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