Unternehmerin:Edle Hausmannskost für Hunde

Unternehmerin: Ein gutes Gespann: Birgitta Ornau und ihr Dobermann Minou.

Ein gutes Gespann: Birgitta Ornau und ihr Dobermann Minou.

(Foto: privat)
  • Birgitta Ornau hat vor gut einem Jahrzehnt ihre Firma "Terra Canis" gegründet - sie vertreibt Hundefutter.
  • Damit hat die junge Unternehmerin offenbar eine Marktlücke entdeckt: Sie macht mit ihren Produkten Millionenumsätze und beschäftigt 30 Mitarbeiter.
  • Angefangen hat die Erfolgsgeschichte mit einem sehr kranken Hund - und vielen Problemen.

Von Karl Forster

Ein Optimist ist ein Mensch, der ein Dutzend Austern bestellt, in der Hoffnung, sie mit der Perle, die er darin findet, bezahlen zu können." Schrieb einst der deutsche Dichter Theodor Fontane. Die Münchnerin Birgitta Ornau ist Optimistin. Und sie liebt Austern. Es muss ja nicht immer gleich ein Dutzend sein. Und auch auf die Perle in der Schale muss Ornau nicht mehr warten.

Denn sie startet 2017 nun ins zwölfte Erfolgsjahr mit dem von ihr gegründeten Unternehmen Terra Canis. Die Münchnerin macht also heuer das Dutzend Jahre voll mit einer Geschichte, die selbst für den erfolgsverwöhnten Münchner Mittelstand so außergewöhnlich ist wie das Produkt selbst: Hundefutter.

Nun muss man wissen, dass zum einen Hundefutter nicht gleich Hundefutter ist. Und dass zum anderen Hundebesitzer heutzutage an der optimalen Ernährung ihrer Lieblinge in einer Art interessiert sind, die manchmal schon schwer ins Dekadente lappt. War es vor zwanzig, dreißig Jahren noch normal, den Hund, egal ob groß oder klein, ob Männchen oder Weibchen, ob Mischling oder Rassetier, mit den Resten aus der Küche, angereichert mit billigen Flocken oder geschmacksintensiviertem Pressfutter zu ernähren, so locken heute die Großanbieter mit Werbung, die ans Gemüt geht und Verantwortung seitens Herrchen und Frauchen anmahnt.

Mit Erfolg: Der Jahresumsatz von Hundefutter liegt in Deutschland laut Industrieverband Heimtierbedarf bei mehr als 1,3 Milliarden Euro. Und wenn man nun Birgitta Ornaus aktuelle Zahlen dazustellt, wird klar, warum sich die 39 Jahre alte Unternehmerin mehr als ein Stockwerk in der Schwabinger Friedrichstraße und 30 Mitarbeiter leisten kann und muss, um den Laden am Laufen zu halten und weiter auszubauen.

Allein 2016 stieg der Umsatz der Terra Canis GmbH um 25 Prozent, für 2017 rechnet Ornau mit einem Gesamtumsatz von 21 Millionen Euro. Keine schlechten Aussichten zwölf Jahre nach der Gründung der Firma, in einem Markt, der so heiß umkämpft ist wie der um Waschmittel und Zahnpasta, von Konzernen, die weltweit agieren und oft sogar konkurrierende Unternehmen im Portfolio haben.

Ein kranker Hund brachte Ornau auf die richtige Fährte

Birgitta Ornaus Unternehmensgeschichte begann mit einem kranken Hund aus einer Tötungsstation in der Nähe der südspanischen Stadt Malaga.

Ihr Vater arbeitete damals dort als Unternehmensberater. Und weil Ornau gerade das Abi geschafft und sich somit auf den Weg in eine neue Selbständigkeit jenseits der Familie begeben hatte, erfüllte sie sich einen Wunsch, der schon lange in ihr geschlummert hatte, von den Eltern aber verweigert wurde: einen Hund. Groß sollte er sein, langbeinig und auch ein wenig stolz. Doch dieser Hund, eine Mischung aus Neufundländer und irischem Wolfshund (Kenner werden ahnen, wie mächtig dieses Tier gewesen sein mag), war sehr, sehr krank: Lungenwürmer, Herzwürmer, Ehrlichose, eine schwere Infektionskrankheit.

Ornau versuchte, ihn mit bestem Futter aufzupäppeln, kochte viel selbst dafür, machte sich so kundig über die richtige Zusammensetzung, über das beste Fleisch für Hunde, über Zusatzstoffe, Getreide, Vitamine, Kalzium und was sonst noch so alles in den Napf gehört oder auch nicht. Doch es half alles nichts, nach einem Jahr musste Ornau sich zum ersten Mal von einem Hund für immer verabschieden. Ein Erlebnis, "das man nie vergisst, egal, wie oft es einem passiert", sagt sie heute.

Ornau wollte immer Chefin sein

Doch die Beschäftigung mit dem spanischen Riesenhund hatte Folgen: Ornau studierte (nicht ganz freiwillig, aber die Eltern hielten die Idee, Goldschmiedin oder so etwas zu werden, für wenig erfolgsversprechend) Betriebswirtschaft in München und wollte danach auf alle Fälle selbständig werden. "Ja, Unternehmerin, unbedingt. Ich wollte nie in ein klassisches Angestelltenverhältnis einsteigen. Sondern Chef sein." Auch wenn sie noch nicht so recht wusste, Chef von was.

Es war damals ein zweiter Hund an ihrer Seite, ebenfalls aus einer südspanischen Tötungsstation, ebenfalls nicht ganz gesund, ebenfalls langbeinig. Weil der Versuch, nicht-stinkendes, qualitativ zumindest akzeptables Hundefutter zu kaufen, zum einen ziemlich erfolglos verlief, weil sie zum anderen von vielen Hundebesitzern ebenfalls Klagen in dieser Richtung hörte (man muss wissen, dass Hundebesitzern gerne miteinander ratschen, natürlich über ihre Hunde), stand bald fest, von welcher Art die Firma sein sollte, die Ornau zur Chefin hat: eine Hundefutterfirma.

Und nicht nur, weil die Jungunternehmerin Ornau im Studium gelernt hat, was ein Alleinstellungsmerkmal bedeutet, sondern auch, weil es ihr ganz persönliches Interesse war, sollte es nicht nur noch ein Hundefutter mehr auf dem Markt sein, sondern ein ganz besonderes, ein einzigartiges, eines von höchster Qualität. Kein Hundefutter nur, sondern ein echtes Lebensmittel.

Was Wunder also, dass, als vor zwölf Jahren die ersten Dosen auf den Markt kamen, Ornau dadurch auf sich und ihr Produkt aufmerksam machte, indem sie es werbewirksam selbst aus der Dose aß. Ein Werbegag, der bis heute erfolgreich ist, erst kürzlich waren ARD und Sat 1 bei Terra Canis im Haus und filmten Chefin und Angestellte beim Verzehr von Hundefutter. Selbst bei solchen Auftritten ist Ornau nur sehr dezent geschminkt. Und bis auf einen schmalen Ring am linken Daumen, wie Bogenschützen ihn als Signum gerne tragen, deutet nichts auf irgendwelchen Hang zur Zurschaustellung hin. Das war schon so, als Ornau, früher, gang ganz früher, es gerne im P1 hat krachen lassen.

Ornau lebt derzeit zwar "unverheiratet, ohne Kind", dafür mit einer schon zwölf Jahre alten Dobermann-Hündin. Laut FCI-Standard Nr. 143 ist der Dobermann friedlich, sensibel, aufmerksam, sehr intelligent, selbstsicher und unerschrocken. Nicht zum FCI-Standard gehört die Erkenntnis, dass der Dobermann auch einen Hang zur Sturheit hat, Hundefreunde nennen das gerne Willensstärke. Ältere TV-Konsumenten aber erinnern sich an die Eleganz und an das Selbstbewusstsein von Zeus und Apollo in der Serie "Magnum".

Erfolgsgeschichte mit Anfangsproblemen

Ornaus Dobermann hört auf den Namen Minou. Und wenn man zuhört, wie begeistert sie von den endlosen Spaziergängen durch den Perlacher Forst oder entlang des Walchensees erzählt, ahnt man: Hier haben sich zwei gefunden, die nicht nur äußerlich zusammenpassen. Dabei sei nun nebenbei erwähnt, dass ein Dobermann vor allem auch durch seine Eleganz besticht.

Wie es nun Ornau schaffte, die Marke Terra Canis auf dem Markt zu platzieren, ist eine eigentlich ganz normale Erfolgsgeschichte, die - ebenso normal - mit ein paar schier unlösbaren Problemen begann. Nicht das kleinste war, das nur als Beispiel, der bürokratische Unterschied zwischen den Begriffen Futtermittelverordnung und Lebensmittelverordnung.

Wer liefert die Hundenahrung?

Ein anderes war damals vor zwölf Jahren, einen Metzger zu finden, der das Wagnis eingeht, nicht nur Menschenfutter, sondern auch Hundenahrung herzustellen und in Dosen abzufüllen. In Hermann Schäbitz fand Ornau dafür den idealen Partner. Er ist es bis heute. Damals gab es kaum Geld für Marketing, der Ruf des Hundefutters Terra Canis als auch für den Menschen geeignetes Lebensmittel verbreitete sich zunächst über den Hundewiesenfunk, sprich Mundpropaganda. Urlaub gab es nicht für Ornau, jeder Gewinn wurde reinvestiert.

Heute beschäftigt die Terra-Canis-Chefin Grafiker, Pressebetreuer und professionelle Tierfotografen. Und ist doch selber noch die beste PR-Frau in eigener Sache. Denn so offen sie auch über (nicht allzu) Privates spricht, über ihre Freude am guten Essen, an schönen Dingen, an Pilates und Fitnessarbeit, so richtig in Fahrt kommt Ornau, wenn es ums Hundefutter geht. Und um die Konkurrenz.

Da purzeln Argumente und Klagen, Zahlen und Fakten aus ihr heraus und formen sich zur klaren Botschaft: Wir machen vielleicht noch nicht alles, aber sehr vieles besser als andere. Weswegen sich binnen dieser Dutzend Jahre Terra Canis in allen einschlägigen Haustiergeschäften und auch in einigen renommierten Lebensmittelketten einen würdigen Platz erobern konnte.

Die Konkurrenz erkannte mit einiger Verspätung, dass hier eine Lücke war, die Ornaus Produkt plötzlich füllte. Man reagierte, nach einer Phase der Ignoranz, mit dem Versuch der Kopie. Und natürlich werden nun Begriffe wie Lebensmittelqualität geradezu inflationär verwendet. Der Slogan "Hausmannskost für Hunde" gilt allerdings nur für Ornaus Futter, je nach Preis dann aufgewertet durch "100 Prozent Lebensmittelqualität" oder "100 Prozent Natur".

Ungefähr zwischen fünf und zehn Euro kostet ein Kilo, "Kaninchen mit Amaranth, Zucchini und Bärlauch" heißt dann so ein Menü, oder "Rinderbraten mit Spreewaldgurken & Teltower Rübchen". Man kann verstehen, wenn manche Menschen zu Terra-Canis-Kunden sagen: "Tja, das muss man sich erst einmal leisten können."

Qualität kostet Geld - auch beim Hundefutter

Natürlich kennt auch Brigitta Ornau solche Argumente. Was setzt sie dagegen? Ein so klares wie normales Statement: dass es in unserem Leben und in unserer Gesellschaft vom Auto bis zum Grillhendl in nahezu allen Bereichen Billiges, weniger Billiges und Teures gebe, was nicht immer, aber oft eben doch, auch mit Qualität zu tun habe.

Und so kam es eben, dass in den vergangenen Jahren für Birgitta Ornau eine Perle gewachsen ist, die in einer Austernschale vielleicht gar keine Platz mehr gefunden hätte. Und wer will, kann auch bei Theodor Fontane nachlesen, wie toll so ein Hund ist. Das Gedicht heißt "Bodenjagd". Fontanes Hund allerdings hatte keine langen Beine. Es war ein Dackel.

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