Untergiesing/Harlaching:An der Grenze

Landratsamt München, 2014

Zu wenig Platz: Einige Abteilungen des Landratsamts müssen umziehen.

(Foto: Claus Schunk)

Rund um das Osram-Gelände fürchten Bürger die Überbelastung durch Flüchtlinge

Von Julian Raff, Untergiesing/Harlaching

Normalerweise würde der Umzug einer Landkreisbehörde vom Mariahilfplatz nach Untergiesing wohl kaum auffallen, die unmittelbar bevor stehende Eröffnung der neuen Stabsstelle Asyl des Landratsamtes löst allerdings Skepsis und Sorge im Viertel aus. Mit der Einrichtung der zentralen amtlichen Anlaufstelle für Asylbewerber aus dem Landkreis München in unmittelbarer Nähe der auf bis zu 800 Flüchtlinge ausgelegten Übergangsunterkunft auf dem Osramgelände drohe dem Viertel Überlastung, befürchten sowohl Nachbarn als auch Lokalpolitiker im Bezirksausschuss (BA). Der Vorsitzende Clemens Baumgärtner (CSU) sieht den gesamten Stadtbezirk Untergiesing-Harlaching mit demnächst fünf Einrichtungen für Flüchtlinge an seiner Kapazitätsgrenze angekommen, fand aber im Gremium keine Mehrheit für eine entsprechende Stellungnahme. Baumgärtners Parteikollege, Landrat Christoph Göbel (CSU), hatte im vergangenen September den Plan bekannt gegeben, die einschlägigen Abteilungen seines Hauses aufzustocken und in einer neuen "Stabsstelle" mit bis zu 150 Mitarbeitern zu bündeln. Der Gebäudekomplex am Mariahilfplatz bietet allerdings weder den neuen Mitarbeitern noch den auf Bearbeitung ihrer Anträge wartenden Asylbewerbern genug Platz und ist zudem mit öffentlichen Verkehrsmitteln schwer erreichbar. Das Landratsamt hat daher im Herbst ein Bürogebäude an der Ludmillastraße, südlich des per U 1 erreichbaren Candidplatzes angemietet, wo die Asyl-Zentrale von März an ihre Arbeit aufnehmen wird. Dabei empfinden Anwohner die hohe Präsenz von Flüchtlingen rund ums Osramgelände schon heute als Problem, wie Baumgärtner im BA zu bedenken gab. Besonders die mit durchschnittlich drei Monaten relativ kurze Verweildauer im Osram-Quartier erschwert dabei aus seiner Sicht eine gute Nachbarschaft.

Baumgärtner berichtete von regelmäßigen Beschwerden, leider auch über Osram-Bewohner, die in umgebenden Wohnstraßen "alles von sich lassen, was man nicht braucht - das dürfen Sie wörtlich nehmen". Ein Anwohner wies in der BA-Sitzung überdies auf die um sich greifende Verunsicherung nach einer versuchten Vergewaltigung am Candidplatz und einem versuchten Raubüberfall an der Pilgersheimer Straße im Januar hin. Dass man sich rund um Candidplatz tatsächlich nicht immer sicher fühlen kann, schreibt Wolfgang Geißelbrecht (Grüne) allerdings aus eigener Erfahrung eher gewaltbereiten 1860er-Fans zu.

Während Christa Knappik (SPD) Spannungen zwischen Flüchtlingen und Anwohnern als vorübergehend einstuft, sprach sich Baumgärtner dafür aus, der Ansiedlung eventueller weiterer Unterkünfte und Anlaufstellen im 18. Bezirk klar entgegen zu treten. Schließlich sei dieser mit den beiden großen Untergiesinger Einrichtungen und drei kleineren Unterkünften in Harlaching bereits "gut dabei". Baumgärtners Antrag unterlag jedoch knapp mit 12 zu 10 Stimmen zugunsten eines von Matthias Hügenell (SPD) angeregten Appells: Mit breiter Mehrheit bittet der BA das Sozialreferat und andere Behörden nun darum, die Solidarität im Stadtteil, aber auch die Bedenken bei künftigen Standortentscheidungen zu berücksichtigen.

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