Untergiesing:Schöne Verwandlung

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So wie sich Bessie Griff für Griff bei der Eröffnung der alten Bushaltestelle auf dem mobilen Kletterturm nach oben hangelt, soll es auch mit der Verschönerung des Kolumbusplatzes weitergehen: Schritt für Schritt. (Foto: Florian Peljak)

Skulpturen, Graffiti und mobile Beete: Die ersten Schritte zur Umgestaltung des Kolumbusplatzes sind gemacht. Wie es weitergeht, wird bei einem zweiten Bürgerforum im Herbst diskutiert

Von Julian Raff, Untergiesing

Gut, vom Giesinger Berg herunter rauschen weiter Autoströme, übertönt nur noch von den Zügen, die alle paar Minuten über die Brücke donnern. Und doch weben sich einen Sommersonntag lang Musik und Gespräche in den Klangteppich am Kolumbusplatz. Das öde Grau der Brückenpfeiler ist unter bunten Graffiti verschwunden, die zusammen mit Skulpturen und mobilen Beeten auch nach dem Eröffnungsfest der umgestalteten Ex-Bushaltestelle zum Verweilen einladen werden.

Dabei hatten es noch vor ein paar Wochen selbst Anwohner eilig, hier wieder wegzukommen. Die Verwandlung geht auf das Konto einer Bürgerinitiative (BI), deren Name "Mehr Platz zum Leben" heute wie eine allgemeine Kampfansage an die Verdichtung klingt. Bei der Gründung vor 21 Jahren zielte sie aber konkret auf den lieblosen Umgang mit einer anderen, 500 Meter entfernten Fläche: Auf die Idee, den Hans-Mielich-Platz mit seinem schmucken Altbau-Rondell unter parkenden Autos zu begraben, käme heute niemand mehr. Melanie Kieweg und einige ihrer Nachbarn erkannten dort 1997 die Chance, im beengten und leicht schmuddeligen Viertel einen belebten Bürgerplatz zu schaffen.

Schon nach zwei Jahren hatte die BI, mit akademischem Beistand aus der LMU, den Stadtrat dazu gebracht, zwei Millionen Mark für die bauliche Aufwertung des Platzes locker zu machen. Die kam dann zwar erst zwölf Jahre später, was aber Kieweg und ihrer Gruppe Gelegenheit bot, Beamte, Sponsoren und sogar Bahn-Entscheider von ihrer Energie und Kreativität zu überzeugen. Unterstützt vom Bezirksausschuss Untergiesing-Harlaching, wo Kieweg, als parteiloses Mitglied der Grünen-Fraktion schwarz-grüne Bande knüpfte, bespielte die BI den Platz mit einem üppigen Programm aus Musik und Bildender Kunst. Inzwischen überzeugt, dass das Geld dort gut aufgehoben sei, investierten die Stadtoberen letztlich das Doppelte der vorgesehenen Summe in die Platzgestaltung. Die anschließenden rot-blauen Farbmutationen der Sitzbänke findet Kieweg bis heute nicht spaßig und ist dafür sogar bereit, sich mit rabiaten Sechzger- und Bayern-Fans anzulegen.

Am Kolumbusplatz droht keine Fußballposse, dafür ist das Projekt umso sportlicher - es gilt, eine regelrechte Wüste zu beleben. In einer eng gewordenen Stadt ist selbst die, obwohl nur 1500 Quadratmeter groß, schon im Voraus zum Spielfeld konkurrierender Ideen geworden: In einem Workshop im Herbst 2017 diskutierten die Untergiesinger, ob dort Sport, Kunst, Gastronomie oder intensives Grün hingehören. Das Eröffnungsfest bot nun von allem etwas. Mit Graffiti von fünf unterschiedlichen Künstlern, Metallskulpturen und einer die hier aufeinander stoßenden Stadtteile verbindenden Installation lag der Schwerpunkt im Visuell-Kreativen. Den ersten sportlichen Akzent setzte ein mobiler Kletterturm. Unter den Grünelementen stachen die "Environment Cubes" eines Unterhachinger Startup-Unternehmens hervor. Die stapelbaren Mooswürfel sollen, laut Erfinder, pro Stück und Jahr so viel CO₂ binden wie ein gutes Dutzend Bäume. Über den besten Mix aus Grün, Kunst und Sport weiter diskutieren wollen die Giesinger bei einem zweiten Bürgerforum im Herbst.

© SZ vom 09.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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