Unfall:Nacht-Surfer treibt bewusstlos im Eisbach

Er schlägt mit dem Kopf gegen sein Brett, treibt bewusstlos im Eisbach ab, hinein in den stockfinsteren Englischen Garten. Ein 25-Jähriger hat beim "Night-Surfing" fast sein Leben verloren. Ein Freund bekommt ihn in der Finsternis gerade noch zu fassen.

Von Susi Wimmer

Sie verabreden sich via Facebook, Stichwort "Night Surfing". Sie treffen sich am Eisbach, Prinzregentenbrücke, und zwar dann, wenn es dunkel wird, alle anderen Surfer schon gegangen sind und sie die Welle für sich alleine haben. Am Mittwochabend hätte einer von ihnen dies fast mit dem Leben bezahlt: Der 25-jährige Martin B. stürzte im Wasser, schlug mit dem Kopf gegen Brett und Steine und trieb bewusstlos im Eisbach ab, hinein in den stockfinsteren Englischen Garten. Zwei Surfer-Freunde sprangen hinterher, einem gelang es, den Bewusstlosen in einer dramatischen Rettungsaktion an Land zu ziehen.

"Es ist unvorsichtig und richtig gefährlich", sagt Thomas, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will. Der 32-Jährige ist eigentlich der Held der Geschichte. Wäre er nicht durchtrainiert bis in die Haarspitzen, würde er den Eisbach nicht wie seine Westentasche kennen, sein Surfer-Spezl Martin wäre nicht mehr am Leben.

"Unvorsichtig" war die Aktion am Mittwochabend gegen 20.30 Uhr deshalb, weil die Beleuchtung noch nicht installiert war: Die Nacht-Surfer hatten sich verabredet, einer wollte eine mit einem Generator betriebene Flutlichtanlage mitbringen. Bis der "Lichtmann" eintrudelte, wollten Thomas, Philipp und Martin nicht warten. Mit einem Fahrradlicht beleuchteten sie notdürftig die Welle, schon wenige Meter flussabwärts herrschte völlige Dunkelheit. Thomas befand sich gerade 20 Meter hinter der Welle am Ausstieg, als der aus Deggendorf stammende Martin B. die Welle ritt und stürzte. Das Brett knallte ihm an den Kopf, und er schlug wohl auch noch unter Wasser gegen dort befestigte Granitblöcke. Er erlitt ein Schädelhirntrauma, einen Jochbeinbruch und wurde bewusstlos. Zu dem Zeitpunkt kämpfte sich Philipp Soller, 24, in Ufernähe durchs Gebüsch zurück zur Welle. "Ich hab einen Knall gehört", erzählt er. Und dann sah er gerade noch den Kollegen im Wasser treiben - mit dem Kopf nach unten. "Er kommt nicht mehr hoch, er kommt nicht mehr hoch", schrie er und sprang ins Wasser. Allerdings war es so zappenduster, dass er weder den Verletzten, noch den weiter flussabwärts stehenden Thomas sehen konnte.

"Hätte ich nicht den Schrei gehört, er wäre an mir vorbeigetrieben", sagt der. Wobei: Martin B. konnte er gar nicht sehen, nur das Surfbrett, das noch an seinem Fuß hing. Sein Körper trieb schon unter Wasser. Thomas kennt den Eisbach, die Stellen, wo das Wasser ruhiger wird und wo die Ufer vom Wasser aus erklimmbar sind. Doch an der ersten schaffte er es nicht, den Bewusstlosen nach oben zu hieven. Sie trieben weiter im stockdunklen Eisbach ab. Dort, wo sich der Eisbach zweigt, konnte er Martin B. auf eine kleine Mauer unter der Wasseroberfläche ziehen. Doch die Strömung war zu stark und schwemmte sie erneut weg. Erst hinter der Brücke gelang es ihm, nach einer Wurzel zu greifen, mit den Füßen Halt zu finden und Martin B. an Land zu ziehen. Dann schrie er laut um Hilfe und brachte zwei Spaziergänger dazu, den Notarzt zu rufen. Martin B. wurde in einer Klinik zunächst ins künstliche Koma gelegt. Mittlerweile ist er wieder bei Bewusstsein. Er konnte sogar im Netz schon seinen Surfer-Freunden posten: "Soweit alles gut."

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