Und jetzt?:Werbung im Wohnzimmer

Veranstalter der Kunstmesse Stroke verschenken Poster

Interview von Carolina Heberling

Man hat ihn in den vergangenen Tagen auf Münchens Straßen gesehen, den silbernen Ford Ranger. Auf der Ladefläche: Poster, sehr viele Poster. Darüber ein Schild: "Free Poster" - wer will, kann gratis eines mitnehmen. Wer macht so etwas? Raiko Schwalbe, 38, Initiator der Kunstmesse Stroke, erklärt, was es mit der ungewöhnlichen Aktion auf sich hat.

SZ: Herr Schwalbe, Sie verschenken Poster - einfach so?

Raiko Schwalbe: Wir versuchen, mit der Stroke ein Kunst-Event zu machen, bei dem wir nicht wie klassische Kunstmessen "Trophäen" zu Höchstpreisen verkaufen. Kunst sollte Bestandteil des alltäglichen Lebens sein - deswegen verschenken wir die Poster der Ausstellung.

Als Werbung? Warum hängen Sie die Poster nicht an Plakatwände?

Wir haben nicht die Werbegelder, um ganz München mit Plakaten zu pflastern.

Poster zu drucken, kostet auch Geld - wieso verteilen Sie keine Flyer?

Man darf nicht einfach so Flyer im öffentlichen Raum verteilen. Und wenn man die irgendwo auslegt, geht man schnell unter, denn dort liegen dann schon Flyer von anderen Veranstaltungen.

Wie viele Poster wollen Sie verteilen?

Wir rechnen mit vier- bis fünftausend Postern, die wir in den nächsten zwei Wochen verschenken werden.

Man wird heutzutage von Werbung überflutet. Will da überhaupt jemand Ihre Poster haben?

Natürlich: Man wird überflutet mit Werbung, aber das Poster mitzunehmen, ist eine bewusste Entscheidung der Person, die es haben will. Hier geht es um den emotionalen Aspekt, das Gefühl, etwas mitnehmen zu können, was einem gefällt und was man selbst ausgewählt hat. Außerdem: Ein Poster hängt man sich gerne mal an die Wand. Ein Flyer verschwindet schnell in einer Ecke.

Wen hat man denn dann an der Wand hängen? Wie heißt der Künstler?

Ruben Ireland, ein Künstler aus England. Es handelt sich um ein digitales Kunstwerk, hier gibt es auch kein Original auf Leinwand. Bei der Aktion mitzumachen, war für ihn eigentlich selbstverständlich, weil die Ausstellung deutschlandweit beworben wird - und ja auch die Presse darüber berichtet.

Und wer nimmt solche Kunst mit?

Viele junge Familien, Mitte 30, mit den ersten zwei Kindern. Aber wir hatten gestern in Haidhausen auch zwei Rentner um die Siebzig, die sich Poster mitgenommen haben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: