Und jetzt?:Rentner gegen den Krieg

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"Kein Krieg ist gerecht": Friedensaktivist Thomas Rödl radelt zu Rüstungsfirmen in und um München. (Foto: Renate Schmidt)

Friedensaktivisten radeln eine Woche lang zu Münchner Rüstungsfirmen

Interview von Jasmin Siebert, München

MünchenRund zwei Dutzend Friedensaktivisten radeln in dieser Woche zu etwa 20 Firmen in und um München, die ihrer Recherche nach direkt oder indirekt Produkte für das Militär herstellen. Thomas Rödl, 62, ist Geschäftsführer des Landesverbands Bayern der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen. Er organisiert die Radl-Demo.

SZ: Wo sind Sie gerade?

Thomas Rödl: Wir machen gerade Zwischenstopp vor der Firma MTU an der Dachauer Straße. 25 Radfahrer stehen hier herum und einer hält einen Vortrag über die Firma MAN, die ist schräg gegenüber. MAN macht spezielle Lastkraftwagen für Militärzwecke. Ich werde gleich etwas zu MTU erzählen, die produzieren und warten Antriebe für die Kampfflugzeuge der Bundeswehr.

Was wollen Sie bewirken? 25 Leute sind ja nicht so viele.

Für morgen haben sich noch ein paar mehr angemeldet. Es gibt auch ein paar spontane Mitradler. Unser Slogan ist "Entrüstet München". Die Stadt ist ein Zentrum der Rüstungsindustrie. Wir wollen, dass das Problembewusstsein dafür wächst. Wir demonstrieren für Frieden, Abrüstung und zivile Konfliktlösungen.

Sie radeln fünf Tage lang in der Hitze durch die Stadt, an manchen Tagen um die 70 Kilometer. Warum machen Sie das? Weil man auf dem Fahrrad leichter mit den Leuten ins Gespräch kommt und Handzettel verteilen kann. Als Latschdemo ließen sich die großen Entfernungen zwischen den Firmen nicht so leicht bewältigen.

Sprechen die Firmen mit Ihnen ?

Wir haben es gar nicht erst versucht, weil die uns in den vergangenen Jahren immer haben abblitzen lassen. Vor einer Stunde waren wir bei der Firma ADS. Da kam spontan einer runter und hat erklärt, dass sie Software für Flugzeuge machen. Das ist aber eher die Ausnahme. Also stehen Sie nur vor den Firmen und halten dort kleine Referate.

Ja. Und wir breiten unsere Transparente aus. Darauf steht zum Beispiel: "Es gibt keinen gerechten Krieg." Die Sicherheitskräfte und Mitarbeiter bekommen schon mit, dass wir als Friedensgruppe vor einem Rüstungsbetrieb stehen. Wenn wir Glück haben, gibt es die eine oder andere Diskussion. Das Glück haben Sie eher selten, oder?

Es gibt Diskussionen mit Passanten. Mit Mitarbeitern zu sprechen, ist schwieriger. Es ist es vom Zufall abhängig, ob gerade einer rein- oder rausgeht.

Radeln Sie zum ersten Mal alle Münchner Unternehmen ab, die Ihrer Recherche nach für militärische Zwecke tätig sind?

Wir waren schon öfter in München unterwegs. Unsere nächste Station ist Krauss-Maffei Wegmann, der Panzerbauer. Dort haben wir schon einmal eine 24-Stunden-Mahnwache gehalten. Wir standen auch schon mehrmals vor der Tür von Airbus Defence.

Welche Musik ist das im Hintergrund?

Wir hören zu unserer eigenen Entspannung Gitarrenrock und Blues, während wir radeln. Natürlich haben wir Friedenslieder dabei: "Give Peace a Chance" von John Lennon, "Peace Train" von Cat Stevens und Lieder von Joan Baez aus der Vietnamkriegszeit. Aktuelle Lieder zu den Themen gibt es ja kaum.

Wie alt sind die Demoteilnehmer?

Wir haben zwei Mädels dabei, der Älteste ist so um die 75. Ein paar jüngere mit 40, 50 sind auch dabei. Aber der Schwerpunkt ist - das muss man leider sagen - die Rentnergeneration.

Vielleicht spricht eine Radl-Demo jüngere Leute nicht unbedingt an.

Wenn die Jüngeren neue Formen von Protest und Widerstand entwickeln, dann sollen sie das machen. Wir machen das, was wir für richtig halten.

Mit einer Gedenkfeier zum Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima am 6. August endet ihre Friedensaktionswoche. Haben Sie zum Abschluss noch einmal etwas Besonderes vor?

Am Samstag ist von 14 Uhr an großes Programm auf dem Marienplatz. Es wird eine Petition zum Thema "Atomwaffen abschaffen" vorgestellt, und wir führen unsere Antikriegsperformance auf.

Wie sieht die aus?

Das ist eine statische Szene vor Ruinen: Drei Leichen, drei Soldaten, zwei Ölfässer und zwei Bürger, die sich Augen, Mund und Ohren zuhalten. Dazu läuft "Kein Krieg ist heilig" von Pur. Ich muss jetzt aufhören. Meine Freunde lagern im Schatten und warten, dass es weitergeht.

© SZ vom 03.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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