Umweltzone München:Plakettenpflicht killt Gebrauchtwagenmarkt

Bald ist München Umweltzone. Abgasstinker sind schon jetzt kaum mehr zu verkaufen. Demnächst öffnet ein Büro für Ausnahmegenehmigungen.

Karl Forster und Dominik Hutter

Zwar dauert es noch knapp zwei Monate bis zur Ausrufung der Münchner Umweltzone - für die Altautofraktion ist die Situation aber schon heute ernst. Denn plakettenlose Fahrzeuge lassen sich nur noch mühsam und oftmals weit unter Wert verkaufen. Bei den Betroffenen fehlt die entscheidende Auskunft. Wer derzeit auf den entsprechenden Internetseiten oder mittels Zeitungsinserat ein Auto loswerden will, das nicht mehr Umweltzonen-kompatibel ist, ruft die entsprechende Rubrik "Schadstoffklasse" erst gar nicht mehr auf.

Umweltzone München: Rot, gelb oder grün - zunächst berechtigen noch alle drei Plaketten zur Einfahrt in die Umweltzone. Die rote gilt allerdings jetzt schon als Auslaufmodell.

Rot, gelb oder grün - zunächst berechtigen noch alle drei Plaketten zur Einfahrt in die Umweltzone. Die rote gilt allerdings jetzt schon als Auslaufmodell.

(Foto: Foto: ddp)

Dass bei dem jeweiligen Angebot was faul ist mit der Emission, merkt man meist am Preis: Rot- oder gar Nullplaketten-Stinker sind mittlerweile für einen Apfel plus Ei zu haben, und in der entsprechenden Anzeige steht oft am Schluss: für Export. Denn während die Umweltzone in München erst in knapp zwei Monaten Realität wird, ist der Markt für gebrauchte Autos, die kein Partikelfilter mehr in die Zukunft retten kann, eingebrochen.

Was derzeit in Amerika der gestiegenen Treibstoffpreise wegen passiert, nämlich die Totalvernichtung des riesigen Marktsegments mit gebrauchten Automobilen, gilt in und um München für all jene, denen von Oktober an die Einfahrt in die Innenstadt versagt wird. "Das macht uns alle kaputt", klagt ein Gebrauchtwagenhändler an der Wasserburger Landstraße, der aber "bloß ned" seinen Namen in der Zeitung lesen will.

75.000 Euro kostet allein die Aufforstung im Schilderwald

Auch das Prinzip Hoffnung hilft inzwischen nicht mehr weiter. Denn die terminlich bereits aufgeschobene Umweltzone wird, da ist die Stadtverwaltung mittlerweile überzeugt, zum 1.Oktober definitiv Realität. Die dafür notwendigen 200 Straßenschilder im Wert von knapp 15.000 Euro sind bereits im städtischen Bauhof eingelagert und sollen in den nächsten Wochen rund um den Mittleren Ring, der künftigen Zonenaußengrenze, montiert werden. Insgesamt wird die jüngste Aufforstung im Schilderwald - Pfosten, Arbeitszeit und ein Posten für Unvorhergesehenes inklusive - laut Baureferat knapp 75.000 Euro kosten.

Bereits an der Hausfassade in der Reisingerstraße festgeschraubt ist das Hinweisschild auf die jüngste Außenstelle des Kreisverwaltungsreferats - das Büro für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen in der Umweltzone. 14 Sachbearbeiter kümmern sich in der Isarvorstadt um die Bearbeitung der Anträge, von denen bereits die ersten eingetrudelt sind. Grünes Licht hat freilich noch kein Plakettenloser erhalten - dafür fehlt bislang die rechtliche Grundlage: die offizielle Festschreibung der Umweltzone im Münchner Luftreinhalteplan.

Nach Auskunft der Regierung von Oberbayern liegt man damit aber im Zeitplan. Das neue Büro für Ausnahmegenehmigungen kostet rund 110.000 Euro, bis Jahresende kommen 351.000 Euro Personalkosten dazu. In den kommenden Jahren wird's dann allerdings deutlich preisgünstiger, lediglich zwei Stellen sollen dauerhaft erhalten bleiben. Zunächst bis zum Jahresende befristet sind auch die zehn Stellen für die Telefonauskunft des Baureferats, die 279.000 Euro kosten werden.

Selbst die Landshuter Allee liegt noch innerhalb der Toleranz

Zu klären gilt es noch, wie eigentlich die Kontrolle des großräumigen Stinker-vetos erfolgen soll. Bislang ist laut Kreisverwaltungsreferat noch nicht entschieden, ob dafür die Polizei, die kommunale Verkehrsüberwachung oder beide zusammen zuständig sein werden. Von dieser Festlegung hängt es letztlich ab, ob nur parkende Autos oder auch der fließende Verkehr, etwa im Rahmen von Routinekontrollen der Verkehrspolizei, auf Wapperltreue geprüft werden. Dies wird in den diversen Umweltzonen deutscher Großstädte unterschiedlich gehandhabt.

Wie auch schon 2007 ist dieses Jahr die Feinstaubbelastung in München vergleichsweise gering - was nach Ansicht von Experten vor allem aufs Wetter zurückzuführen ist. Bislang liegt mit 33 Überschreitungen der EU-Grenzwerte selbst die Landshuter Allee noch innerhalb der Toleranz, am Stachus wurde die Latte bislang 14-mal gerissen.

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