Umweltzone kommt doch:Tabu für Stinker

Schadstoffreiche Autos könnten ab 1. Oktober aus der Innenstadt verbannt werden. Dann nämlich soll es eine Umweltzone geben.

Dominik Hutter

Der Proteststurm der vergangenen Wochen hat offenbar Wirkung gezeigt. Nachdem sich diverse Länder, Kommunen und auch der Deutsche Städtetag bitter beklagt hatten, dass der Bund G-Kat-Autos der ersten Generation zu Unrecht in die Kategorie Feinstaubschleuder eingeordnet hat, will Berlin ,,diesen nachträglichen Forderungen unbürokratisch Rechnung tragen''.

Umweltzone in München komme ich doch noch
(Foto: Foto: ddp)

In einer Presseerklärung teilen die Staatssekretäre für Verkehr, Jörg Hennerkes, und Umwelt, Matthias Machnig, mit, dass die Plakettenverordnung erweitert und ,,eine neue Kategorie für Benziner'' eingeführt werden soll.

Was im Klartext heißt: Auch ältere G-Kat-Autos erhalten eine Plakette und dürfen somit weiterhin in Umweltzonen fahren. Entsprechende Verhandlungen des Bundes mit Ländern und Städtetag sollen in den nächsten Wochen stattfinden.

In München herrscht große Zufriedenheit über die konstruktive Haltung in Berlin. ,,Dies entspricht in vollem Umfang den Erwartungen, die der Münchner Stadtrat und auch der Deutsche Städtetag erhoben haben'', erklärte Oberbürgermeister Christian Ude (SPD).

Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU), dessen Behörde für die Erstellung von Luftreinhalteplänen zuständig ist, sieht den Weg ,,wieder offen für die zügige Einrichtung von Umweltzonen''.

Auch SPD und Grüne im Rathaus halten die zwischenzeitlich in ferne Zukunft entschwundene Umweltzone plötzlich wieder für eine realistische Option im kommenden Herbst.

Nach Einschätzung von Umweltreferent Lorenz hängt nun alles von dem Tempo ab, mit dem sich die Bundespolitik an die Arbeit macht. Sollte der erforderliche Kabinettsbeschluss bis Pfingsten vorliegen, ist die Ausweisung der Umweltzone für den 1.Oktober 2007 denkbar.

Dann dürften auf sämtlichen Straßen innerhalb des Mittleren Rings nur noch Autos fahren, die eine rote, gelbe oder grüne Plakette aufgeklebt haben. Benziner ohne G-Kat oder Diesel unterhalb der Euro-2-Norm erhalten die Vignette nicht und werden dementsprechend ausgesperrt.

Tabu für Stinker

Das Tabu für Stinker gilt übrigens nicht nur, wie gelegentlich behauptet wird, an Tagen mit schlechter Luftqualität, sondern ganzjährig.

SPD-Umweltsprecher Sven Thanheiser warnt allerdings vor allzu großer Euphorie in der Altauto-Fraktion. Spätestens bei Einführung der verschärften zweiten Stufe der Umweltzone fielen die alten G-Kat-Autos wieder durchs Raster.

Das Problem ist also nur für einige Jahre aufgeschoben. Für ungünstig hält es Thanheiser, dass der Bund die Entscheidung über Wohl und Wehe der alten G-Kat-Autos den Städten überlassen will.

Damit drohe ein deutschlandweites ,,Verwirrspiel'', mit welchem Auto welche Stadtzentren noch erreicht werden können. Stuttgart beispielsweise, das schon zum 1. Juli eine Umweltzone ausweisen will, werde nach derzeitigem Stand G-Kat-Benziner der ersten Generation aussperren. Thanheiser plädiert dringend für eine bundesweit einheitliche Lösung.

Weitere Ausnahmen, das hat der Stadtrat bereits beschlossen, soll es in München nur sehr spärlich geben - etwa für den Lieferverkehr gen Schlachthof oder Großmarkthalle. Beim Zentralen Omnibusbahnhof an der Hackerbrücke ist Lorenz zufolge keine Extrawurst mehr geplant. Der Betreiber habe sich bereit erklärt, die Bedingungen der Umweltzone zu akzeptieren.

Besonderes Glück haben Motorradfahrer, deren Vehikel - für Umweltexperten ohne erkennbaren Grund - von vornherein und unabhängig vom Schadstoffausstoß von allen Zufahrtbeschränkungen verschont bleiben.

Für Oldtimer mit Historienkennzeichen, so versichern die Berliner Staatssekretäre, wird bei den anstehenden Gesprächen eine ,,begrenzte Ausnahme'' geprüft - was beispielsweise auf eine Sondergenehmigung nur für die feinstaubärmeren Sommermonate hinauslaufen könnte.

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